Welches Buch hat euch zuletzt so richtig gepackt – im Kopf wie im Herzen?
Manchmal ist es wie ein kleines Wiedersehen mit einem alten Freund: Man greift zu einem neuen Buch eines Autors, dessen Werke einen jahrelang begleitet haben – und hofft, dass der Funke wieder überspringt. Bei Harlan Coben war genau das mein Gefühl. Ich habe viele seiner Thriller verschlungen, doch die letzten Romane konnten mich nicht mehr so mitreißen wie früher. Umso gespannter war ich auf sein neuestes Werk: „In tiefster Nacht“ – ein Titel, der nicht nur düster klingt, sondern auch eine entsprechend düstere Geschichte verspricht.
Ein Thriller, zwei Zeitebenen – und eine Frage, die alles überschattet: Was ist damals wirklich passiert?
Die Handlung beginnt im sonnendurchfluteten Málaga im Jahr 2003. Der junge Sami Kierce reist durch Spanien, voller Lebenslust, ein wenig ziellos – bis er auf Anna trifft. Eine Begegnung wie ein Sommergewitter: intensiv, unerwartet, gefährlich. Die beiden verbringen eine leidenschaftliche Nacht zusammen. Doch als Sami am nächsten Morgen erwacht, ist alles anders. Neben ihm liegt Annas lebloser Körper. In seiner Hand: ein Messer. Seine Erinnerung? Wie ausgelöscht. Der Verdacht? Erdrückend.
Schnitt. Wir befinden uns in New York City, viele Jahre später – 2025. Sami ist inzwischen ein suspendierter Detective, von Schuld und Fragen gezeichnet. Als er eines Abends eine Vorlesung hält, geschieht das Unfassbare: In der Menge sieht er Anna. Die Frau, die er für tot gehalten hat. Nur für einen flüchtigen Moment treffen sich ihre Blicke – dann ist sie verschwunden. Und für Sami beginnt eine atemlose Suche. Nach der Wahrheit. Nach seiner Vergangenheit. Nach sich selbst.
Was macht diesen Thriller besonders?
Zunächst einmal: der Stil. Harlan Coben schreibt hier mit einer eindringlichen Nähe zur Hauptfigur, die mich sofort gepackt hat. Sami ist kein Held im klassischen Sinne. Er ist verletzt, zweifelnd, oft überfordert – und genau das macht ihn so greifbar. Es gibt keine plakativen Schwarz-Weiß-Zeichnungen, sondern eine vielschichtige Figur, deren innere Konflikte dem Leser unter die Haut gehen.
Auch die Nebenfiguren sind alles andere als bloße Statisten. Da ist eine skurrile, hochintelligente Kriminologie-Gruppe mit einem wunderbar nerdigen Vibe, in der jede Figur einen ganz eigenen Ton einbringt. Manchmal musste ich innehalten, um die Dynamik zwischen ihnen wirklich zu erfassen – denn ja, es tauchen viele Namen und Hintergrundgeschichten auf, die einem schon mal den Überblick rauben können. Ein Glossar oder eine kleine Figurenübersicht hätte da sicher geholfen, war für mich aber kein echter Bruch im Lesefluss.
Was mich besonders begeistert hat, war die Art und Weise, wie Harlan Coben immer wieder mit Erwartungen spielt – und sie bricht. Wendungen kommen nicht als reißerische Plot-Twists daher, sondern fügen sich stimmig in das Gesamtbild ein. Und während man anfangs vielleicht noch etwas verwirrt die ersten Kapitel durchquert – mir ging es so – wird man Stück für Stück tiefer hineingezogen. Bis man gar nicht mehr aufhören kann.
Und das Ende?
Speziell. Und mutig. Kein typischer Showdown mit Knalleffekt, sondern eine Auflösung, die zum Stil des Buches passt – nachdenklich, fast melancholisch, und dennoch voller Klarheit. Ich habe das Buch zugeklappt mit dem Gefühl, mehr als „nur“ einen Thriller gelesen zu haben.
Mein Fazit?
In tiefster Nacht ist für mich der Beweis: Harlan Coben kann es noch. Und wie! Nach einer kleinen Durststrecke liefert er hier einen atmosphärisch dichten, psychologisch vielschichtigen Thriller, der True-Crime-Feeling, emotionale Tiefe und überraschende Twists gekonnt miteinander verbindet.
Ich vergebe 4,5 ⭐️⭐️⭐️⭐️✨von 5 Sternen – mit einem dicken Ausrufezeichen dahinter: Absolute Empfehlung für alle, die nicht nur atemlose Spannung, sondern auch glaubwürdige Figuren und klug konstruierte Geschichten lieben. Und jetzt frage ich euch:
👉 Welches Buch hat euch zuletzt so richtig gepackt, überrascht oder sprachlos gemacht?
Lasst mir gerne eure Empfehlungen da – mein SuB freut sich (oder auch nicht 😅)!