Was wäre, wenn der Albtraum wirklich passiert?
Ein Flugzeug stürzt ab – und trifft ausgerechnet das Gelände eines Atomkraftwerks. Was wie der Anfang eines apokalyptischen Actionfilms klingt, ist der Startschuss für einen Roman, der von der ersten Seite an keine Atempause lässt: „Worst Case“ von T. J. Newman.
Es ist mein zweites Buch der Autorin – nach „Buch 416“, das mich schon mit seinem atemlosen Tempo begeistert hat. Ich wusste also ungefähr, worauf ich mich einlasse: Hochspannung, Tempo, Drama – aber diesmal war das Szenario noch drastischer. Noch größer. Und noch gefährlicher.
Worum geht’s?
Ein Passagierflugzeug verunglückt – der Pilot erleidet während des Flugs einen Herzinfarkt, die Maschine stürzt ab. Der Ort des Aufpralls könnte nicht brisanter sein: das Gelände eines Atomkraftwerks mitten im amerikanischen Mittelwesten. Zunächst ist das ganze Ausmaß unklar, doch bald wird deutlich: Die Kühlung des Reaktors ist beschädigt. Eine Kernschmelze droht. Und mit ihr ein Desaster, das die Dimensionen von Tschernobyl oder Fukushima übertreffen könnte.
Während im Inneren des Kraftwerks eine kleine, zufällig zusammengewürfelte Gruppe verzweifelt versucht, das Schlimmste zu verhindern, tobt draußen das Chaos: Evakuierungen, Panik, unzählige Tote – und mittendrin ein kleiner Junge namens Connor, der nach einem Autounfall in einem Van eingeschlossen ist. Zwei Einsatzkräfte setzen alles daran, ihn zu retten – während rundherum die Welt auseinanderzubrechen droht.
Wie war mein Leseerlebnis?
Ich war sofort drin. Kein Vorgeplänkel, keine Umwege. Newman wirft uns mitten ins Geschehen – und dann beginnt ein rasanter Countdown, der das gesamte Buch strukturiert. Die Handlung läuft auf der Uhr – und man liest im gleichen Takt mit erhöhtem Puls. Es sind knapp 16 Stunden bis zum möglichen Super-GAU. Und jede Minute zählt.
Erzählt wird aus mehreren Perspektiven – was der Geschichte eine enorme Dynamik gibt. Auf der einen Seite der Kampf im Kontrollraum, auf der anderen die dramatische Rettungsmission rund um Connor. Beide Handlungsstränge greifen immer wieder ineinander, emotional und inhaltlich. Und obwohl das Szenario so groß und beängstigend ist, bleibt die Geschichte immer nah an den Menschen.
Was mich besonders berührt hat: Die Menschlichkeit inmitten des Wahnsinns. Die Art, wie sich völlig fremde Menschen gegenseitig stützen, wie sie Mut beweisen, Verantwortung übernehmen, Opfer bringen. Die Dialoge wirken manchmal fast dokumentarisch – so real, so unmittelbar. Man spürt förmlich die Hitze, den Druck, das Sirren der Geigerzähler. Es ist kein Thriller, den man nebenbei liest – man durchlebt ihn.
Natürlich ist das alles ziemlich Hollywood. Die Probleme reißen kaum ab, manchmal überschlagen sich die Ereignisse, als hätte man einen Katastrophenfilm auf doppelter Geschwindigkeit gestartet. Aber genau das ist Newmans Stil – und sie macht das so mitreißend, dass ich ihr auch den ein oder anderen überzogenen Moment gern verzeihe. Denn am Ende steht immer die Frage: Was würden wir tun, wenn wir wirklich nur noch wenige Stunden hätten, um das Schlimmste zu verhindern?
Was bleibt?
Ein nervenaufreibender Pageturner, der mit voller Wucht zeigt, wie fragil unsere Sicherheit ist – und wie viel Mut, Menschlichkeit und Entscheidungsstärke im Angesicht des Unvorstellbaren gefragt sind.
Nicht alle Entwicklungen waren für mich logisch oder völlig glaubwürdig, aber das hat meinem Lesevergnügen kaum geschadet. Im Gegenteil: Ich war gefesselt, erschüttert, bewegt – und habe das Buch in kürzester Zeit verschlungen.
Fazit:
„Worst Case“ ist mehr als nur ein spannender Katastrophenthriller. Es ist eine intensive, emotionale Achterbahnfahrt – irgendwo zwischen Actionkino und moralischem Dilemma. Wer Lust auf ein packendes, bildgewaltiges Leseerlebnis hat, das sich wie ein Adrenalinkick anfühlt, ist hier genau richtig.
4,5/5 ⭐️
Ein temporeiches, dramatisches Szenario mit großem Kino fürs Kopfkino – und einem Herz für die kleinen, leisen Menschlichkeitsmomente mitten im Chaos.
