Riot Girl – Ein Fall für Obalski von Susanne Kaiser

Ein gesellschaftskritischer Krimi mit politischer Sprengkraft – mitten aus dem Herzen Münchens.

Riot Girl – Ein Fall für Obalski von Susanne Kaiser

Was passiert, wenn ein Krimi nicht nur spannend, sondern auch hochaktuell und unbequem ist? Wenn er Themen aufgreift, über die wir sonst lieber nicht laut sprechen? Dann entsteht ein Buch wie Riot Girl – der Auftakt einer neuen Krimireihe von Susanne Kaiser. Und eins kann ich gleich sagen: Ich bin definitiv dabei.

Als Krimileserin freue ich mich immer über neue Ermittlerfiguren – besonders, wenn sie nicht der typischen Klischeevorstellung eines Kommissars entsprechen. Kommissarin Obalski war für mich deshalb sofort interessant: eine empathische Forensikerin mit der Fähigkeit, Menschen zu lesen, zwischen den Zeilen zu hören, das Unausgesprochene zu spüren. Keine Superheldin, keine raue Einzelgängerin – sondern eine komplexe Figur, die genau das richtige Maß an Verletzlichkeit und Stärke mitbringt.

Worum geht’s in Riot Girl?

Deutschland wird von einer neuen Protestbewegung erschüttert – junge Frauen, die sich radikal, mutig und wütend gegen gesellschaftliche Missstände wehren. Ihre Methoden sind provokant, manchmal auch gefährlich. Um mehr über sie zu erfahren, wird Obalski undercover ins Jugendamt eingeschleust. Dort soll sie Informationen sammeln, Vertrauen aufbauen, herausfinden, was hinter der Bewegung steckt.

Doch schnell wird klar: Es geht nicht nur um politische Ideale oder aufmüpfige Teenager. Es geht um Gewalt. Um Machtverhältnisse. Um systemische Ungerechtigkeit. Und bald liegt eine Leiche in der Isar.

Was mich überzeugt hat:

Susanne Kaiser gelingt ein Krimi, der nicht nur Spannung erzeugt, sondern auch tiefgreifende Fragen stellt. Wer hat in unserer Gesellschaft das Sagen? Wer wird gehört – und wer systematisch übersehen? Die Autorin bewegt sich dabei gekonnt zwischen sozialen Medien, Jugendhilfe, politischen Theorien und echter Polizeiarbeit. Sie hat gründlich recherchiert, das merkt man auf jeder Seite. Gleichzeitig bleibt die Geschichte nahbar und nachvollziehbar – vor allem durch Obalskis Perspektive, die oft mehr Fragen stellt als Antworten liefert.

Der Stil ist direkt, klar, modern. Die Sprache ist bewusst durchgängig gegendert, was für mich persönlich gewöhnungsbedürftig war. Ich stehe dem Gendern eher kritisch gegenüber – und ja, das hat mein Lesegefühl ein wenig beeinflusst. Aber: Ich verstehe die Haltung der Autorin und erkenne den Versuch an, hier konsequent eine politische Botschaft zu transportieren. Das muss nicht jedem gefallen, aber es verdient Respekt.

Was mir weniger gefallen hat:

Wirklich gestört haben mich die zahlreichen Abkürzungen – LKA, ASD, GBA, U-Haft… die Liste ist lang. Viele davon wurden erklärt, einige mehrfach, manche habe ich vergessen, bevor ich sie mir merken konnte. Eine Übersicht zum Nachschlagen hätte hier definitiv geholfen, gerade weil der Krimi sich so sehr an der Realität orientiert. Diese Authentizität ist gleichzeitig Fluch und Segen.

Riot Girl ist kein klassischer Krimi – es ist ein gesellschaftspolitisches Statement, verpackt in eine spannende Ermittlung. Es ist laut, unbequem, voller Reibung und gleichzeitig feinfühlig beobachtet. Obalski ist eine Ermittlerin, die mich neugierig gemacht hat, und ich freue mich auf weitere Fälle mit ihr. Auch wenn ich mir an manchen Stellen etwas weniger Theorie und etwas mehr Krimifluss gewünscht hätte, hat mich das Buch insgesamt überzeugt.

Ich vergebe 3,5 von 5 Sternen und empfehle es allen, die sich für politische Krimis interessieren, die über das bloße Rätselraten hinausgehen – Leser, die bereit sind, auch mal ihre eigene Haltung zu hinterfragen.

Und ihr?

Habt ihr schon von Riot Girl gehört? Wie steht ihr zu Krimis mit politischer Botschaft? Und stört euch das Gendern in Büchern oder ist es für euch einfach Teil der Sprache?