Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

Ein skandinavischer Thriller mit Biss, Wölfen und einer Prise Buchstabensalat

Wolfssommer von Hans Rosenfeldt 

Ich gebe es ganz offen zu: Skandinavische Krimis und ich, das ist eine Beziehung mit Hindernissen. Es fängt schon bei den Namen an – egal ob Menschen, Orte oder Tiere, alles klingt wie ein IKEA-Bausatz mit Vokalen, die lieber in den Urlaub gefahren sind. Mein Google-Übersetzer glüht regelmäßig, nur damit ich herausfinde, ob ich gerade über einen Ermittler oder ein Fischerdorf lese.

Aber hey, Wolfssommer hat mich trotzdem gekriegt. Denn wenn einer der größten Drehbuchautoren Schwedens, Hans Rosenfeldt, eine neue Thrillerreihe startet, dann kann ich nicht einfach „nein“ sagen. Und was soll ich sagen: Ich wurde – zumindest teilweise – belohnt.

Die Geschichte beginnt in Haparanda, einer kleinen Stadt an der schwedisch-finnischen Grenze. Als eine erschossene Wölfin untersucht wird, finden die Ermittler in ihrem Magen menschliche Überreste. Eine ziemlich makabre Art, einen Mordfall einzuleiten, aber hey – originell ist es. Polizistin Hannah Wester steht vor einem Rätsel, das bald auf einen blutigen Drogendeal in Finnland verweist. Schnell wird klar: Der Tote ist nur die Spitze des Eisbergs.

Und hier kommt sie ins Spiel: Katja. Profi-Killerin. Eiskalt. Effektiv. Auftrag: Drogen und Geld wiederbeschaffen. Und damit beginnt ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel, bei dem bald nicht mehr klar ist, wer eigentlich Jäger und wer Beute ist.

Was mir gut gefallen hat? Eine ganze Menge.

Erstens ist da diese typisch nordische Atmosphäre – düster, melancholisch, mit einem ständigen Gefühl von „Hier passiert gleich was richtig Übles“. Der Nebel kriecht durch die Seiten, das Schweigen zwischen den Zeilen ist fast lauter als ein Schusswechsel.

Zweitens: Die Figuren. Besonders Hannah Wester fand ich faszinierend. Keine aalglatte Heldin, sondern eine Frau mit Geschichte, Ecken, Kanten und vielen Schatten. Auch Katja als Gegenspielerin ist keine typische Killerin, sondern überraschend vielschichtig, fast tragisch – auch wenn man das bei ihrem Bodycount fast vergisst.

Drittens: Die Handlung. Ja, man braucht einen klaren Kopf, denn hier wird man als Leser nicht an die Hand genommen. Die vielen Perspektivwechsel, Rückblenden und Namen machen es anfangs schwer, den Überblick zu behalten. Aber wer dranbleibt, wird belohnt: Mit einem cleveren Plot, ein paar ziemlich fiesen Wendungen und einem Finale, das sich gewaschen hat.

Natürlich gibt es auch ein paar Kritikpunkte.

Erstens zieht sich der Einstieg. Es dauert, bis die Story in Fahrt kommt – was bei einem Thriller immer etwas gefährlich ist. Zweitens wirken einige Nebenfiguren wie einmal durchgemischt und wieder vergessen – man fragt sich manchmal, ob man sie wirklich hätte merken müssen. Und drittens: Die Erwartungen. Nach dem Namen Rosenfeldt hatte ich automatisch Die Brücke-Vibes im Kopf, aber Wolfssommer geht einen ganz anderen, weniger atmosphärisch-düsteren, eher actionlastigen Weg. Nicht schlechter – nur anders.

Fazit:

Wolfssommer ist kein einfacher Pageturner, sondern ein Thriller, der fordert. Wer bereit ist, sich durch den Buchstabennebel und das Figurenmeer zu kämpfen, bekommt eine komplexe, vielschichtige Geschichte mit klarem Setting, gut gezeichneten Charakteren und ordentlich Spannung. Kein Meisterwerk, aber ein starker Auftakt – mit Potential für mehr.

Ich vergebe 3 von 5 frostigen Sternen

…und bleibe gespannt, wie es in Band 2 weitergeht. Vielleicht mit weniger Namen, mehr Tempo – und einem noch kälteren Kill-Blick von Katja.