The Deathless One: Brich meinen Fluch’

Es gibt Bücher, die man aufschlägt und sofort merkt, dass man in eine andere Welt hineingezogen wird. Dunkler, schwerer, dichter als erwartet – und trotzdem voller Funken, die im Kopf zu leuchten beginnen. Genau so hat sich ‚The Deathless One: Brich meinen Fluch’ für mich angefühlt: wie der Auftakt zu einer düsteren, gothic angehauchten Romantasy, die mit dem Tod selbst als Love Interest spielt. Ein Konzept, das man nicht alle Tage bekommt – und das mich allein deshalb schon neugierig gemacht hat.

Im Mittelpunkt steht Jessamine, die ihr ganzes Leben lang gelernt hat, sich auf niemanden zu verlassen. Stark, stolz und fest entschlossen, ihr Reich gemeinsam mit ihrer Mutter zu schützen, versucht sie verzweifelt, die mysteriöse Seuche aufzuhalten, die immer mehr Menschen das Leben kostet. Und während sie bis zur Erschöpfung nach Antworten sucht, trifft sie eine Entscheidung, die ihr Schicksal besiegelt: eine Vernunftehe, die ihr Reich retten soll. Nur dass genau dieser Mann sie hintergeht – und tötet. Eigentlich. Denn Jessamine stirbt nicht. Stattdessen landet sie in einer Zwischenwelt, einem düsteren Reich zwischen Leben und Tod, in dem sie dem Todlosen begegnet. Ein Gott, der seit Jahrhunderten wartet. Auf sie. Auf die einzige Frau, die ihn retten kann. Und auf die einzige, die sein versteinertes Herz wieder zum Schlagen bringt.

Die Geschichte wechselt zwischen Jessamine und Elric, und ich mochte diese beiden Stimmen sehr. Die Welt wirkt vom ersten Moment an düster und schwer – wie ein Schauplatz, der in Nebel und kaltes Mondlicht gehüllt ist. Besonders die Szenen im Reich des Todlosen haben mich regelrecht eingesogen. Die Autorin beschreibt so plastisch und bildgewaltig, dass man fast das Gefühl hat, selbst dort zu stehen. Allerdings bedeutet das auch, dass manche Passagen recht brutal oder bedrückend wirken, was für mich völlig in Ordnung war, aber sicherlich nicht jedem liegt.

Mit Jessamine hatte ich am Anfang zu kämpfen, aber nicht, weil sie unsympathisch wäre – eher, weil sie anders war, als ich sie mir vorgestellt hatte. Rückblickend war das sogar ein Vorteil, denn sonst hätte ihre Entwicklung völlig unglaubwürdig wirken müssen. Elric hingegen ist eine faszinierende Figur: gebrochen, gefährlich, verletzlich und gleichzeitig voller Macht. Gerade ihre Begegnungen, dieses langsame Herantasten zwischen Abwehr und Sogwirkung, waren für mich die stärksten Momente des Buches. Man spürt, wie viel Schweres zwischen ihnen liegt, aber auch, wie sehr sie einander spiegeln.

Etwas überrascht hat mich, dass die Geschichte trotz der düsteren Atmosphäre oft leise und melancholisch wirkt. Der Schreibstil ist geschmeidig und fließend, unaufdringlich, aber kraftvoll. Manchmal hätte ich mir etwas mehr Tempo gewünscht, denn besonders im ersten Teil bewegt sich die Handlung nur minimal vorwärts. Dafür sind einige Szenen im letzten Drittel extrem intensiv – fast so, als würde die Geschichte plötzlich aufwachen, tief Luft holen und dann losrennen. Für meinen Geschmack fast zu spät, denn manche Themen bleiben dadurch offen, lose oder unvollständig. Sicherlich wird das in den kommenden Bänden aufgelöst, trotzdem hätte ich mir hier etwas mehr Fokus gewünscht.

Ein Punkt, der mich persönlich gestört hat, ist Jessamines Darstellung als starke Protagonistin. Sie wird als selbstbewusst beschrieben, handelt aber oft nicht so. Statt in ihrer eigenen Geschichte zu glänzen, steht sie gefühlt im Schatten des Todlosen – obwohl er eigentlich ohne sie machtlos wäre. Da wäre so viel mehr möglich gewesen, gerade weil das Fundament der Geschichte so kraftvoll ist.

Trotz dieser Kritikpunkte hat mich das Buch überrascht. Es hat Tiefe, Atmosphäre, Emotionen, und die Beziehung zwischen Licht und Dunkelheit, Leben und Tod, Liebe und Rache ist wirklich schön herausgearbeitet. Auch wenn es für mich kein perfekter Auftakt war, ist es ein starkes, stimmungsvolles Buch, das Lust auf mehr macht.

Ich vergebe 3,5 von 5 Sternen – und eine klare Leseempfehlung für alle, die düstere Romantasy lieben, in der die Schatten manchmal lauter sprechen als die Worte.