Ehrlich = Negativ?

Seien wir mal ehrlich: Wann hast du das letzte Mal eine Rezension geschrieben und gedacht: „Oha, das war jetzt richtig bitter“? 

Genau darum geht’s heute – wir widmen uns der dunklen Seite der Macht: den negativen Bewertungen. Morgen kommt dann das freundliche Gegenstück: die positiven Rezensionen.

Ich schaue mich gerne um: mal nach links, mal nach rechts – und sehe altbekannte Gesichter und ganz viele neue. So viele Menschen, die Bücher lieben und darüber sprechen. Aber wisst ihr, was mir immer häufiger auffällt? Die Bewertungen. Genauer gesagt: die durchweg negativen.

Natürlich wissen wir alle: Geschmäcker sind verschieden. Manchmal hängt es auch einfach an der Tagesform, ob ein Buch zündet oder nicht. Aber wenn jemand jedes Buch abwatscht, denke ich mir: Wirklich? Gibt es da draußen kein einziges Buch, das dich glücklich macht?

Eine ehrliche Rezension ist wichtig – keine Frage. Aber: ehrlich heißt nicht unfair. Hinter jedem Buch steckt eine Menge Herzblut, Wochen, Monate, oft Jahre an Arbeit. Klar gibt es Bücher, die für mich gar nicht funktionieren. Aber ich muss nicht bei jedem Satz das Haar in der Suppe suchen, nur damit ich einen möglichst bissigen Verriss schreiben kann.

Und ganz ehrlich: Es fühlt sich mittlerweile fast an wie ein Trend. Je schärfer die Kritik, desto cooler die Rezension. Aber ist das wirklich der Anspruch? Oder wollen wir nicht alle auch mal betonen, was funktioniert hat, selbst wenn das Buch nicht perfekt war?

Als Bookie entwickelt man mit der Zeit ein Gespür für Klappentexte, Autoren und Rezensionen. Und wenn ich sehe, dass jemand konsequent nur 1-, 2-, oder maximal gutgemeinte 3 Sterne-Bewertungen rausballert, denke ich mir irgendwann: „Wonach suchst du deine Bücher eigentlich aus? Mit verbundenen Augen?“

Realistisch gesehen ist meine eigene Statistik: Von 20 Büchern sind 5 mega, 5 gut, 5 okay, 3 eher so lala und wenn’s hochkommt, 2 richtig mies. Und ja, bei Debüts ist es immer eine Wundertüte – aber selbst da findet man oft etwas, das man positiv hervorheben kann.

Meine Devise: Rezensionen ehrlich, authentisch, fair. Kritik ja – aber so, dass man sie dem Autor auch ins Gesicht sagen würde. Denn ich bin mir ziemlich sicher: Bei manchen Kommentaren würde dann plötzlich ganz betretenes Schweigen herrschen.

Und vielleicht sollten wir genau daran öfter denken, bevor wir den nächsten Verriss tippen. Denn hinter jedem Buch steckt am Ende nicht nur eine Geschichte, sondern auch ein Mensch.