Kürzlich habe ich ja einen großen Aufruf an Selfpublisher, neue Autoren und kleine Verlage gestartet – und genau deshalb liebe ich diese Community so sehr. Denn heute stelle ich euch ein Buch vor, das ich ohne diesen Aufruf vielleicht gar nicht entdeckt hätte. Und das wäre wirklich ein Verlust gewesen, denn dieses Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt:
Christin Drawdy – Jenseits der Trauer: Tödliche Vergangenheit
Der Plot klingt nach einem Albtraum, den man niemandem wünscht:
Nach dem Tod der gemeinsamen Tochter zerbricht Amy – und verschwindet. Monate später stößt ihr Mann Kevin auf ein Foto bei Facebook: eine ausgemergelte, fremde Frau. Seine Frau. Die Spur führt ihn in die düsteren Viertel von Bristol, wo Gewalt an der Tagesordnung ist und Moral schon lange keine Rolle mehr spielt. Was als Suche nach der Liebe seines Lebens beginnt, wird für Kevin schnell zu einem Überlebenskampf. Denn Amy verbirgt Geheimnisse – und Kevin muss erkennen, dass er längst Teil eines Spiels geworden ist, das er nicht kontrollieren kann.
Schon beim Einstieg merkt man: das ist kein typischer Thriller. Die Geschichte beginnt fast sanft, beinahe wie eine normale Lovestory. Doch das ist nichts anderes als die Ruhe vor dem Sturm. Denn schon bald wird das Glück in seine Einzelteile zerlegt, und es bleibt nichts als Schmerz, Schuld und eine Vergangenheit, die unaufhaltsam alles in den Abgrund zieht. Besonders bedrückend ist, wie klar Christin Drawdy die Spuren seelischer Gewalt zeichnet – subtil, schleichend, aber mit einer Wucht, die tiefer trifft als jede körperliche Verletzung.Der Schreibstil ist anders – roh, direkt, fast wie Gedankenfetzen. Kurze, abgehackte Sätze, als ob sie direkt aus den Köpfen der Figuren stammen. Für mich wirkte das oft wie ein Drehbuch: unmittelbar, rasant, schonungslos. Am Anfang ungewohnt, aber genau dieses Stilmittel steigert die Intensität. Es treibt einen durch die Seiten, bis man plötzlich im Showdown landet und merkt: Man hat das Buch praktisch in einem Rutsch inhaliert.
Auch die Charaktere sind bemerkenswert: glaubhaft, kantig, oft unbequem. Manche wecken sofort Sympathie, andere pure Abneigung – und genau diese emotionale Reaktion macht sie so realistisch. Besonders eindringlich bleibt das zentrale Thema: Was passiert, wenn ein Mensch nicht mehr als eigenständige Persönlichkeit gesehen wird, sondern als „Besitz“? Diese erschreckende Botschaft zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung.
„Jenseits der Trauer“ ist kein Thriller für schwache Nerven. Christin Drawdy beschönigt nichts, sie legt die dunkelsten Abgründe der menschlichen Psyche offen und zwingt uns, hinzusehen. Manipulation, Abhängigkeit, Besitzdenken – alles wird schonungslos thematisiert. Und genau das macht das Buch so stark.
✨Ein psychologisch packender Thriller, intensiv, brutal ehrlich, getragen von einem ungewöhnlichen Erzählstil und Figuren, die einem unter die Haut gehen. Kein Wohlfühlbuch, sondern eine Geschichte, die aufrüttelt und nachhallt. Ein klarer Lesetipp für alle, die nicht davor zurückschrecken, auch in die Schattenseiten der Liebe zu blicken.
