Laura Nick – A Heart of Wind and Earth

Manchmal frage ich mich wirklich, wer bitte all diese neuen Genre-Bezeichnungen erfindet. Regency-Romantasy? Ernsthaft? Als würde mein Bücherregal nicht schon genug Kategorien kennen. Aber gut – ich bin neugierig, und sobald ein neues Subgenre auftaucht, fühle ich mich magisch dazu verpflichtet, hineinzuschnuppern. Und was soll ich sagen? Dieser Ausflug hat sich definitiv gelohnt.

Laura Nick – A Heart of Wind and Earth

(Isle of Elements 2)

Schon nach wenigen Kapiteln wird klar: Diese Geschichte ist mehr als nur ein Mix aus zauberhafter Fantasy und Regency-Vibes. Sie erzählt von Mut, Verlust, Verantwortung – und einer Protagonistin, die sich nicht länger von ihren Ängsten bestimmen lässt.

Im Mittelpunkt steht Farina, eine Prinzessin, die nicht in Ohnmacht fällt oder den Blick abwendet, wenn’s ungemütlich wird. Ganz im Gegenteil. Seit dem Angriff des Kraken, der das Königreich Dumoth erschüttert hat, trainiert sie härter, als es die königliche Etikette wahrscheinlich erlaubt. Die Bedrohung durch die Monster nimmt zu, die schützende Mauer scheint zu bröckeln, und während alle versuchen, den Normalzustand aufrechtzuerhalten, spürt Farina nur eines: Sie muss etwas tun. Also bricht sie gegen den Willen ihrer Schwester auf – und landet mitten im Konflikt, der viel größer ist, als sie ahnt.

Und natürlich trifft sie dort auf Fynn Evans, Kommandant, stur wie eine Wand und absolut keine Lust verspürend, eine angeblich verwöhnte Prinzessin im Schlepptau zu haben. Ihre erste Begegnung hat mich laut schmunzeln lassen. Er voller Vorurteile, sie voller Entschlossenheit – und beide mit einer Portion unausgesprochener Wut über die Umstände. Aber je länger sie miteinander trainieren, desto schneller schmilzt diese „Wir kommen nicht klar“-Eiswand dahin. Die Anziehung ist nicht übertrieben, nicht kitschig, sondern ein leises Knistern, das sich von Seite zu Seite stärker auflädt.

Was mich besonders begeistert hat, ist das Setting. Die Autorin erschafft eine märchenhafte Welt, deren Bedrohung sich langsam, aber stetig ausbreitet. Die Mauer, die Kreaturen, die düstere Atmosphäre – alles wirkt durchdacht und lebendig. Und doch bleibt genug Raum, damit sich der Fokus auf die Figuren und ihre persönlichen Konflikte richtet. Gerade Farinas Entwicklung ist stark erzählt. Sie wirkt nie übertrieben heroisch, sondern menschlich, verletzlich, hartnäckig – und genau deshalb so glaubwürdig.

Außerdem liebe ich die Art, wie Laura Nick Diversität einbindet. Ganz natürlich, ohne große Erklärungen oder künstliche Betonung. Die entstehende Found Family – mit einer nonbinären Figur, einem Mann, einer Frau und unserem verschlossenen Kommandanten – ist mit das Schönste an diesem Band. Sie funktioniert emotional, humorvoll und bringt eine beeindruckende Leichtigkeit in die düstere Grundstimmung.

Der Schreibstil ist angenehm modern und flüssig. Man verliert sich nicht in zu langen Beschreibungen, sondern fliegt geradezu durch die Kapitel. Perfekt für Leser, die Fantasy lieber dynamisch als überladen mögen.

Ein paar kleine Wünsche habe ich dennoch: Manche Nebenfiguren blitzen kurz auf und verschwinden dann wieder, obwohl sie eigentlich unglaublich viel Potenzial tragen. Auch einen tieferen Blick hinter die Mauer hätte ich spannend gefunden – die Bedrohung ist so präsent, dass man unbedingt mehr darüber erfahren möchte.

Trotzdem bleibt unterm Strich ein rundes, atmosphärisches, mitreißendes Buch, das mich neugierig macht – auf die Welt, auf die Hintergründe, auf die anderen Bände. Und ja, ich gebe es offen zu: Nachdem ich Band 2 verschlungen habe, werde ich jetzt definitiv Band 1 nachholen.

Ein starker, emotionaler, spannender Regency-Romantasy-Band, der mit Atmosphäre, Charakterentwicklung und einer tollen Dynamik überzeugt.

4/5 ⭐️ – und eine klare Leseempfehlung von mir.