Michael Penning – All Hallows Eve: Buch der Schatten

Wenn der Nebel kommt, erwachen die Schatten von Salem.

Welches Buch könnte heute, an Halloween, besser passen als dieses? 🎃

Michael Penning – All Hallows Eve: Buch der Schatten

Wenn Kerzen flackern, der Wind durch die Straßen heult und irgendwo in der Dunkelheit ein Haus zu atmen scheint – dann ist die perfekte Zeit gekommen, um in All Hallows Eve einzutauchen.

Wir alle kennen die grausamen Geschichten aus Salem – die berüchtigten Hexenprozesse, die Angst, die Hysterie, die unschuldigen Opfer. Doch was wäre, wenn diese Opfer nicht einfach verschwunden wären?

Was, wenn sie zurückkehren würden – aus Rauch, Nebel und Rache geboren – um Gerechtigkeit für das zu fordern, was man ihnen angetan hat?

Genau dort setzt Michael Penning an und spinnt eine düstere, unheimliche Geschichte, die historische Realität und übernatürlichen Schrecken meisterhaft verbindet.

Worum geht’s?

Alice Jacobs reist mit ihrer kleinen Tochter Abigail nach Salem, um ihren vermissten Ehemann zu suchen. Es ist Halloween, die Nacht, in der sich die Schleier zwischen den Welten lichten.

Doch kaum angekommen, hört Alice von einer uralten Legende – vom Fluch einer Frau, die vor hundert Jahren als Hexe gehängt wurde. Eine Frau, die man mitsamt ihren sieben Kindern auf den Scheiterhaufen trieb.

Und angeblich soll sie zurückgekehrt sein.

Alice hält das natürlich für Aberglauben.

Bis die Nacht kommt.

Bis der Nebel sich senkt.

Und bis eine Frau aus Rauch und Schatten erscheint – und ihre Tochter mitnimmt.

Was folgt, ist eine atemlose Reise durch verlassene Friedhöfe, uralte Kerker und dunkle Wälder, während Alice verzweifelt versucht, Abigail zurückzuholen – und dabei Stück für Stück das wahre Ausmaß des alten Fluchs entdeckt.

Penning schreibt mit einer filmischen, intensiven Sprache, die einen sofort hineinzieht. Man spürt den kalten Regen auf der Haut, hört das Knarren alter Türen, riecht den Rauch alter Feuer. Salem wird hier nicht einfach beschrieben – es lebt, atmet, flüstert.

Was mir besonders gefallen hat: Penning setzt nicht auf plumpe Schockeffekte, sondern auf psychologische Spannung.

Da ist diese Szene, in der die Frau aus Nebel langsam Gestalt annimmt – kein billiger Jumpscare, sondern ein Moment, der so still und gleichzeitig so unheimlich ist, dass einem wirklich ein Schauer über den Rücken läuft.

Er verwebt gekonnt die dunklen Kapitel der Geschichte mit einer modernen, emotionalen Erzählung – und schafft es dabei, dass man sowohl mitzittert als auch mitfühlt. Denn am Ende geht es nicht nur um Geister, sondern um Trauer, Schuld und das, was wir verloren haben.

Ich liebe Bücher, die nicht nur gruselig, sondern auch atmosphärisch dicht und emotional packend sind – und All Hallows Eve ist genau das.

Es ist ein bisschen wie ein Spaziergang durch einen alten Friedhof bei Vollmond: schön, beklemmend und voller Geheimnisse.

Ja, es liest sich leicht und schnell, aber gerade das macht es perfekt für die dunkle Jahreszeit. Penning versteht es, Spannung mit Gefühl zu kombinieren, ohne in Kitsch oder Klischee zu verfallen.

Einziger kleiner Kritikpunkt: Ich hätte mir an ein, zwei Stellen noch mehr über die historische Ebene gewünscht – da hätte man ruhig noch tiefer eintauchen können. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, denn das Buch hat mich wirklich begeistert.

‚All Hallows Eve‘ ist mehr als eine klassische Geistergeschichte – es ist eine düstere, atmosphärische Hommage an die Legenden von Salem und an die Macht von Rache, Verlust und Liebe über die Jahrhunderte hinweg.

Wenn ihr Bücher liebt, die euch Gänsehaut verpassen, aber gleichzeitig mit Gefühl und Tiefe überraschen – dann ist dieses Buch euer perfekter Halloween-Begleiter.

Ich sag’s mal so:

Wenn draußen der Wind heult, der Nebel über die Straße zieht und irgendwo im Haus eine Tür knarrt … vielleicht ist das nicht nur der Wind. 😉

🎃 4,5 / 5 Sterne – für Atmosphäre, Sprachkraft und den Mut, Geschichte und Spuk auf so berührende Weise zu verweben.


Viveca Sten – Lügennebel (Ein Fall für Hanna Ahlander, Band 4)

Beste Freunde. Dunkle Geheimnisse. Und ein Skiurlaub, der tödlich endet.

Ich sag’s gleich vorweg: Die Polarkreis-Reihe feiere ich seit dem ersten Band! Diese Mischung aus frostiger Spannung, psychologischem Tiefgang und nordischer Atmosphäre trifft einfach genau meinen Geschmack. Band drei hatte für mich ein paar kleine Schwächen – aber Band vier? Der hat mich wieder voll überzeugt. ❄️

Viveca Sten – Lügennebel (Ein Fall für Hanna Ahlander, Band 4)

Schon das Setting allein ist ein Traum für alle, die Scandi-Crime lieben: Eine klirrend kalte Januarwoche im schwedischen Bergdorf Åre. Sechs Studenten mieten sich in einem abgelegenen Ferienhaus ein, feiern, trinken, spielen „Wahrheit oder Pflicht“ und testen beim Skifahren ihre Grenzen – bis es schließlich zu weit geht.

Am nächsten Morgen liegt eine junge Frau aus der Gruppe tot im Schnee. Ein Unfall? Oder doch Mord?

Was folgt, ist ein raffiniert aufgebautes Verwirrspiel aus Lügen, Geheimnissen und Misstrauen. Jeder verdächtigt jeden, keiner sagt die ganze Wahrheit – und auch die Dorfbewohner von Åre verhalten sich merkwürdig. Die Städter sind ihnen ohnehin ein Dorn im Auge.

Mittendrin: Hanna Ahlander und Daniel Lindskog, die diesmal an ihre Grenzen stoßen. Denn wie findet man die Wahrheit, wenn alle lügen?

Was Viveca Sten hier wieder abliefert, ist einfach stark.

Der Schreibstil ist wie gewohnt flüssig, fesselnd und schnörkellos, aber gleichzeitig so bildhaft, dass man meint, die eiskalte Luft selbst zu atmen. Ich liebe es, wie sie mit kleinen Details Spannung erzeugt – ein Knacken im Eis, ein Schatten im Nebel, ein Atemzug zu viel.

Die Handlung zieht einen sofort in ihren Bann. Kurze Kapitel, wechselnde Perspektiven, kaum Verschnaufpausen – so, wie man es von Sten kennt. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, weil jedes Kapitel neue Puzzleteile bringt, aber nie genug, um das ganze Bild zu erkennen. Dieses Miträtseln, dieses „Ich hab da so eine Ahnung – oder doch nicht?“ ist einfach genau das, was ich an Skandi-Krimis liebe.

Besonders schön finde ich, wie Hannas und Daniels Privatleben immer mehr Raum bekommt, ohne die Spannung zu bremsen. Daniel – frisch geschieden, liebevoller Vater, der versucht, Job und Tochter Alice unter einen Hut zu bekommen. Hanna – frisch liiert, aber innerlich noch zerrissen zwischen Nähe und Distanz. Dazu die kleinen leisen Gefühle zwischen den beiden, die nie kitschig, sondern einfach ehrlich wirken.

Diese persönlichen Einblicke geben der Reihe Herz und Tiefe. Man fiebert nicht nur mit, weil man wissen will, wer der Täter ist, sondern weil man wirklich will, dass es diesen Menschen gutgeht.


Ein echtes Gänsehaut-Highlight war für mich die Szene auf der nebligen Skipiste.

Ich hatte beim Lesen richtig kalte Hände – so düster, so unheimlich, so beklemmend! Viveca Sten schafft es, den Moment zwischen Adrenalinkick und Todesangst perfekt einzufangen. Die Beschreibung der verschneiten Berge, das Knirschen des Schnees, die eisige Stille – man ist komplett drin.

Die Gegensätze aus der wunderschönen Natur und der brutalen Tat verstärken sich gegenseitig – diese Kombination aus Idylle und Abgrund, aus Weiß und Blutrot, das kann Sten einfach wie keine andere.

‚Lügennebel‘ ist ein atmosphärisch dichter, psychologisch kluger und hochspannender Krimi, der mich wieder restlos überzeugt hat.

Viveca Sten verwebt komplexe Handlungsstränge, glaubwürdige Figuren und nordisches Flair zu einer Geschichte, die einen fesselt, bewegt und nicht loslässt.

Ich liebe es, dass man sich beim Lesen fühlt, als würde man mitten in dieser eisigen Welt stehen – irgendwo zwischen Nebel, Wahrheit und Lüge.

⭐️ 4,5 / 5 Sterne

Ein rundum gelungener, fesselnder Scandi-Crime mit emotionaler Tiefe, authentischen Charakteren und einer Atmosphäre, die man fast riechen kann.

Ich hoffe sehr, dass die Reihe bald weitergeht – ich bin definitiv wieder dabei, wenn Hanna und Daniel ihren nächsten Fall lösen.

Und falls ihr die Reihe noch nicht kennt: Bitte unbedingt chronologisch lesen – das macht sie nur noch besser!


Jaysea Lynn – For Whom the Belle Tolls

Ein höllisch gutes Buch mit Herz, Humor und einem Funken Trost.

Puh … also dieses Buch hab ich wirklich ständig auf Bookstagram gesehen. Und jedes Mal dachte ich mir: Dieses Cover! 😍

Jaysea Lynn – For Whom the Belle Tolls

Ganz ehrlich, ich bin ein absolutes Cover-Opfer – und bei diesem hier war es einfach um mich geschehen. Ich musste es haben.

Was ich allerdings nicht erwartet hatte: Dass mich die Geschichte emotional so trifft. Ich dachte, ich bekomme eine witzige, vielleicht leicht chaotische Romantasy mit ein bisschen Spice und einer coolen Portion Höllenhumor.

Bekommen hab ich … all das – und gleichzeitig so viel mehr.

Worum geht’s?

Die Hölle. Ein Ort voller unzufriedener Seelen, die nichts anderes tun, als sich über ihr Schicksal zu beschweren.

Mittendrin: Lily, frisch verstorben, nicht sonderlich begeistert von der ganzen Situation – aber pragmatisch wie sie ist, macht sie das Beste draus.

Der Kaffee ist gut, die Dämonen überraschend nett, und weil Lily im Leben im Kundendienst gearbeitet hat (was sie offensichtlich bestens auf die Hölle vorbereitet hat 😅), gründet sie kurzerhand den Hel(l)p-Desk.

Und siehe da – mit Engelsgeduld und einer ordentlichen Portion Humor bringt sie ein bisschen Struktur ins Chaos des Jenseits.

Nur der Dämon Bel sorgt für leichte Komplikationen.

Denn Bel ist … heiß. Und zwar so richtig. Und leider nicht nur der Kollege vom Nebenschreibtisch, sondern jemand, der Lilys ohnehin aufgewühltes Nachleben ganz schön durcheinanderbringt.

Mein Eindruck

Der Einstieg hat mich emotional völlig überfahren.

Ich geb’s ehrlich zu – ich hatte einen Kloß im Hals. Es geht um Krebs, Verlust und den eigenen Tod – Themen, bei denen ich normalerweise ganz schnell den Rückzug antrete.

Ich wollte das Buch schon fast weglegen, aber … ich bin froh, dass ich es nicht getan habe.

Denn Jaysea Lynn schafft etwas, das ich wirklich selten erlebe: Sie nimmt diese schweren Themen und verwandelt sie in etwas Tröstliches, Warmes, fast Heilsames.

Sie zeigt, dass selbst im Ende noch Humor, Hoffnung und Liebe stecken können.

Die Art, wie sie das Afterlife beschreibt – Himmel und Hölle, Licht und Schatten – ist einfach großartig.

Wenn das Jenseits auch nur halb so charmant ist wie in diesem Buch, dann brauchen wir uns wirklich keine Sorgen zu machen.

Man spürt in jeder Szene, dass es nicht nur um Fantasy geht, sondern um den Umgang mit Verlust, um Akzeptanz, um zweite Chancen – und um die Frage, was eigentlich bleibt, wenn alles andere endet.

Und trotzdem ist das Buch nicht schwer oder deprimierend.

Im Gegenteil: Es ist witzig, charmant und voll kleiner, kluger Beobachtungen.

Ich hab so oft geschmunzelt – besonders bei Lilys Schlagfertigkeit und ihren Szenen mit Bel.

Aber zwischen all dem Lachen sitzt auch immer wieder dieses leise Gefühl, dass hier jemand etwas sehr Echtes sagt.

Die Figuren

Lily ist ein absoluter Herzensmensch – oder besser gesagt: eine Herzensseele. ❤️

Stark, klug, ein bisschen chaotisch, aber mit so viel Empathie.

Ich mochte sie von der ersten Seite an.

Wie sie sich um Sharkie kümmert (was für eine wunderbare Nebenfigur!) und wie sie selbst in der Hölle versucht, anderen zu helfen, ist einfach herzerwärmend.

Aber auch Bel hat mich überrascht.

Er ist nicht der typische „Bad Demon with good abs“ (auch wenn das definitiv zutrifft 😅), sondern jemand mit Tiefe, Verletzlichkeit und Humor.

Und das Zusammenspiel der beiden – dieses Hin und Her zwischen Witz und Gefühl – ist einfach herrlich.

Auch die Nebenfiguren sind mit Liebe gestaltet. Ich mochte die Herzlichkeit und Offenheit, mit der hier alle miteinander umgehen. Kein Schwarz-Weiß-Denken, keine plumpen Klischees – einfach Figuren, die echt wirken, auch wenn sie aus der Hölle stammen.


Ich hatte mit einem netten Romantasy-Abenteuer gerechnet – bekommen habe ich eine emotionale, witzige und erstaunlich tiefgehende Geschichte über Tod, Liebe und Neubeginn.

Ein Buch, das dich lachen lässt, während du gleichzeitig über das Leben nachdenkst.

Jaysea Lynn hat einen wunderbaren Schreibstil – leicht, flüssig, bildhaft – und schafft es, Hölle, Humor und Herz perfekt miteinander zu verweben.

Ich mochte, wie sie ernste Themen mit Wärme und Ironie erzählt, ohne sie ins Lächerliche zu ziehen.

Wenn ihr also Bücher liebt, die euch zum Schmunzeln bringen, während sie euch heimlich das Herz klauen – lest dieses Buch!

Und ja, es ist tatsächlich der Auftakt zu einer Reihe (was ich erst nach dem Lesen bemerkt habe 😅) – ich freu mich riesig auf den nächsten Band.

⭐️ 4 von 5 Sternen – weil es mich berührt, überrascht und gleichzeitig wunderbar unterhalten hat.

Das Tüpfelchen auf dem i hat mir ein kleines bisschen gefehlt – aber das könnte Teil zwei ja locker liefern.


Sebastian Fitzek – Der Nachbar

Ein neuer Psychothriller?

Da bin ich natürlich sofort dabei. Ich liebe Psychothriller – dieses Gefühl, wenn man schon nach den ersten Seiten ahnt, dass man heute Abend nicht mehr ruhig schlafen wird. Und wenn dann auch noch Fitzek draufsteht? Dann bin ich sowieso verloren. Seine älteren Werke habe ich regelrecht verschlungen, gefeiert, weiterempfohlen. Bei den neueren Büchern war’s allerdings so ein kleines Auf und Ab. „Das Kalendermädchen“ hatte mich wieder richtig abgeholt – also war ich gespannt, ob Der Nachbar diesen Trend fortsetzen kann.

Sebastian Fitzek – Der Nachbar

Die Strafverteidigerin Sarah Wolff leidet an Monophobie, der Angst vor dem Alleinsein.

Und was sie nicht ahnt: Nachdem sie mit ihrer Tochter an den Berliner Stadtrand gezogen ist, hat sie dort längst einen neuen „Mitbewohner“. Nur, dass der sie keine Sekunde aus den Augen lässt – ob sie will oder nicht.

Schon das Setting trifft bei mir direkt einen Nerv: Fitzek verlegt das Grauen diesmal nicht in dunkle Keller oder geheime Anstalten, sondern mitten in den Alltag. Kein Hightech-Spionage-Thriller, keine bluttriefende Action – sondern eine subtile, psychologische Bedrohung, die sich leise anschleicht. Ein Nachbar, ein Geräusch im Flur, eine Tür, die man sicherlich abgeschlossen hatte – und plötzlich ist das Zuhause kein sicherer Ort mehr.

Sarahs Monophobie ist dabei kein bloßes Stilmittel, sondern der Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Fitzek nutzt ihre Angst meisterhaft, um Nähe und Bedrohung zu verweben. Sarah sucht menschliche Verbindung – und öffnet damit unbewusst dem Albtraum Tür und Tor.

Was ich an Fitzek schätze: Er kann Spannung aufbauen, ohne gleich mit dem Holzhammer zu kommen. Diese unheimliche Normalität, das Bekannte im Unbekannten – das funktioniert hier wieder sehr stark. Und ja, zwischendurch erwischt man sich beim Lesen dabei, wie man selbst kurz lauscht, ob da wirklich nichts im Flur war.

Stil & Struktur

Wie gewohnt: kurze Kapitel, Cliffhanger im Akkord, Perspektivwechsel, Rückblenden – das ganze Paket, das man von Fitzek kennt und liebt. Man liest und liest, sagt sich „nur noch ein Kapitel“ und ist dann plötzlich auf Seite 300.

Der Schreibstil ist flüssig, eingängig, ein echter Pageturner – keine Frage. Aber diesmal gab’s Momente, in denen ich das Gefühl hatte, Fitzek wollte zu viel in zu wenig Seiten unterbringen. Einige Ansätze blieben einfach hängen – wie angefangene Fäden, die nie wieder aufgenommen wurden.

(Kleiner Spoiler-Abschnitt – bitte vorsichtig weiterlesen 👀)

Da war zum Beispiel Sarahs Ex-Mann, ein Säure-Verbrecher – ein Plotpunkt, bei dem ich sofort dachte: „Yes, das wird heftig!“

Tja… leider blieb’s bei ein paar Randnotizen. Keine Tiefe, keine Rückblenden, keine Aufarbeitung – verschenktes Potenzial.

Oder der ältere Herr, der früher im Haus lebte und einen geheimnisvollen Kriechkeller gebaut hat. Klingt spannend, oder? Ich sah schon geheime Räume, alte Verbrechen, Gänsehaut pur – aber nein. Zwei Erwähnungen, Ende der Geschichte.

Und dann diese Szene mit dem Kartoffelschäler – endlich mal die brutale Wucht, die ich mir gewünscht hatte! Leider blieb’s bei einem kurzen Aufblitzen. Ein Funke im Dunkeln, der sofort wieder verlischt.

Mein Fazit

‚Der Nachbar‘ ist ein typischer Fitzek – temporeich, spannend, mitreißend geschrieben. Aber es fehlt dieses letzte Quäntchen Überraschung, das seine besten Werke so besonders gemacht hat. Die Idee ist stark, das psychologische Spiel funktioniert, aber manche Handlungsstränge versanden einfach.

Trotzdem: Ich hatte Spaß. Das Buch liest sich in einem Rutsch, es unterhält, es lässt einen zwischendurch misstrauisch auf den eigenen Türspion blicken – und das ist ja schon mal was. Nur die Auflösung hat mich etwas enttäuscht. Ich hatte ehrlich gesagt eine ganz andere Wendung im Kopf.

Also ja – solide Unterhaltung, aber definitiv nicht sein stärkster Thriller.

Ein paar Funken mehr Tiefe, etwas weniger offengelassene Fäden – und das Buch hätte richtig glänzen können.

⭐️ 4 / 5 Sterne

Spannend, flott, beklemmend – aber mit Luft nach oben.

Und jetzt entschuldigt mich… ich muss kurz nochmal nachsehen, ob meine Haustür wirklich abgeschlossen ist. 😅🔑


C.J. Tudor – Die Villa der verlorenen Seelen und andere Geschichten

 Willkommen in der Villa – bleib, solange du willst … wenn du dich traust.

Ich hab mich wirklich sehr auf die neue Story von C.J. Tudor gefreut – ihre letzten Bücher hab ich verschlungen! Diese Mischung aus Thriller, Mystery und Grusel trifft einfach genau meinen Geschmack. Also klar: Als das neue Buch angekündigt wurde, war’s direkt auf meiner Leseliste.

Tja. Und dann kam die kleine Überraschung.

Ich hab – wie sag ich’s charmant – nicht ganz gelesen, was auf dem Cover steht. 😅

Denn, wer lesen kann, ist bekanntlich im Vorteil.

„Die Villa der verlorenen Seelen“ ist nämlich keine durchgehende Story, sondern eine Kurzgeschichtensammlung.

Und ich? Bin absolut kein Fan von Kurzgeschichten. Da fehlt mir einfach immer die Tiefe, dieses Sich-Verlieren in der Welt, das langsame Eintauchen in die Figuren.

Ihr wisst ja – alles unter 500 Seiten ist bei mir quasi ein Appetizer. Und spannend wird’s bei mir bekanntlich erst ab Seite 501. 😉

Aber gut, C.J. Tudor ist C.J. Tudor – und da war ich natürlich neugierig, ob sie mich vielleicht doch überzeugen kann.

Worum geht’s?

In der titelgebenden Geschichte „Die Villa der verlorenen Seelen“ gönnt sich Olivia nach einer Trennung eine Auszeit auf Gran Canaria. Sonne, Pool, Tapetenwechsel – das volle Neustart-Programm.

Aber schon bei ihrer Ankunft wird’s seltsam: Zwei Kinder rennen beim Anblick von Olivia schreiend davon, das Hotel wirkt leer und … naja, irgendwie falsch.

Und als sie dann auch noch ihre verstorbenen Eltern am Pool sitzen sieht, weiß man: Das hier wird kein Wellnessurlaub.

Andere Geschichten führen uns auf eine einsame Insel, auf der Überlebende Schiffbrüchige eine grausame Entdeckung machen, oder auf einen Luxusliner, der zum schwimmenden Albtraum wird – denn wer hier überleben will, muss einen hohen Preis zahlen.

Klingt creepy? Ist es auch. Aber eben auf die typisch Tudor’sche Art – nicht laut und blutig, sondern subtil und atmosphärisch, mit einem Hauch Gänsehaut und diesem unterschwelligen Unbehagen, das man erst merkt, wenn man schon mittendrin ist.

Mein Leseeindruck

Also, sagen wir’s mal so: Kurzgeschichten und ich – wir werden keine Seelenverwandten.

Aber – und das kommt selten vor – hier hat mich C.J. Tudor tatsächlich überrascht.

Ein paar der Stories mochte ich richtig gern, andere waren eher so „Okay, nett gemeint“.

Was ich aber richtig cool fand: Zu jeder Geschichte gibt es eine Einleitung von der Autorin selbst.

Sie erzählt, wann, warum und wie sie die jeweilige Story geschrieben hat – und das hat den ganzen Band für mich richtig aufgewertet. Man bekommt so einen kleinen Einblick in ihren Kopf (und den möchte man ehrlich gesagt nur mit Sicherheitsabstand betreten 😅).

Die Geschichten sind zwischen 20 und 40 Seiten lang, und ja, natürlich fehlt hier und da die Tiefe – das ist bei Kurzgeschichten einfach so. Aber was sie schafft, ist Stimmung.

Grusel, Mystery, Ekelmomente – alles dabei.

Teilweise hatte ich sogar richtig King-Vibes (und das ist bei mir immer ein Kompliment).

Und obwohl manche Geschichten oberflächlich bleiben, haben ein, zwei davon doch einen tollen Nachhall – so kleine Gedanken, die man mitnimmt, wenn das Licht schon aus ist und man denkt: „Okay … was, wenn doch?“ 👀

„Die Villa der verlorenen Seelen“ ist für mich kein Highlight à la The Burning Girls, aber definitiv eine spannende Ergänzung für Tudor-Fans.

Ein Buch für alle, die zwischendurch mal einen kleinen Gruselhappen wollen, ohne gleich in einen 600-Seiten-Thriller abzutauchen.

Oder für alle, die C.J. Tudor noch nicht kennen und mal in ihren Stil reinschnuppern möchten.

Ich persönlich bleibe zwar Team „Je länger, desto besser“, aber: ein paar der Geschichten haben mich tatsächlich gepackt – und das will bei Kurzgeschichten was heißen.

Düster, atmosphärisch, teilweise unheimlich clever – aber nicht alle Geschichten zünden gleich stark. Trotzdem ein schönes Buch für dunkle Abende mit Tee, Kerzenlicht und einer ordentlichen Portion Gänsehaut.

⭐️ 3,5 bis 4 / 5 Sterne – mit Bonuspunkten für die genialen Autorenkommentare.