Ein Büro, ein verschwundener Mensch und ein Netz aus Lügen – wem kannst du wirklich trauen, wenn selbst die freundlichste Kollegin eine dunkle Seite haben könnte?
Bevor ich in Elternzeit gegangen bin, habe ich in einem Großraumbüro gearbeitet – und glaubt mir: Zwischen Kaffeeduft, Druckergeräuschen und wöchentlichen Teammeetings lernt man wirklich viele unterschiedliche Persönlichkeiten kennen. Manche bleiben einem positiv in Erinnerung – und andere … nun ja, andere hinterlassen eher ein flaues Gefühl im Magen. Genau diese Stimmung hat „Die Kollegin“ von Freida McFadden für mich perfekt eingefangen.
Freida McFadden – Die Kollegin
Die Geschichte beginnt mit einer Frau, die einfach verschwindet. Dawn Schiff ist Buchhalterin – pünktlich, korrekt, zurückhaltend. Und: absolut eigenartig. Ihre Kolleg*innen meiden sie, tuscheln hinter ihrem Rücken. Sie wirkt sozial unbeholfen, fast schon befremdlich. Bis sie eines Morgens nicht zur Arbeit erscheint. Und plötzlich ist die schrullige Kollegin nicht mehr einfach nur “komisch”, sondern das Zentrum eines Thrillers voller Abgründe.
Zwei Frauen. Zwei Perspektiven. Und nur eine Wahrheit.
Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus der Sicht von Natalie – Dawns Kollegin – und durch E-Mails von Dawn selbst, die sich langsam zeitlich an die Gegenwart herantasten. Was zunächst wie ein klassisches „gut vs. seltsam“-Szenario wirkt, entpuppt sich bald als psychologisches Katz-und-Maus-Spiel, bei dem man als Leser*in ständig zwischen Zweifel, Mitleid und Misstrauen schwankt.
Denn während Natalie sich redlich bemüht, Dawn in das Team zu integrieren, wirkt Dawns Sicht ganz anders: einsam, verzweifelt, und mit einem immer stärkeren Gefühl der Bedrohung. Doch wer sagt die Wahrheit? Wer lügt? Und was ist wirklich mit Dawn passiert?
Unangenehm realistisch – und doch fast schon surreal.
Ich hatte während des Lesens ständig das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Und genau das macht den Reiz von Freida McFaddens Stil aus. Sie versteht es, Spannung leise aufzubauen, Zweifel zu säen und mit subtilen Andeutungen zu spielen. Auch wenn „Die Kollegin“ nicht ganz an die Rasanz der Housemaid-Reihe heranreicht, war ich durchgehend gefesselt – wenn auch auf eine andere Art.
Was mir besonders aufgefallen ist: Hauptfigur Natalie bleibt für mich schwer greifbar. Irgendetwas an ihr ließ mich emotional auf Distanz bleiben, obwohl sie so präsent ist. Vielleicht ist das beabsichtigt – und gerade deshalb funktioniert der psychologische Twist so gut.
Fazit:
„Die Kollegin“ ist ein leiser, psychologisch durchdachter Thriller, der nicht mit Action punktet, sondern mit Atmosphäre, unterschwelliger Spannung und einer cleveren Erzählstruktur. Für Fans von ruhigen, aber raffiniert konstruierten Geschichten definitiv einen Blick wert.
Ich vergebe solide 3,5/5 Sterne ⭐️⭐️⭐️✨– und bin gespannt, was Freida McFadden als Nächstes für uns bereithält. Im Spätsommer wissen wir mehr…