Türkisblaues Wasser, strahlender Sonnenschein, weißer Sand zwischen den Zehen – Bad Tourists beginnt wie ein Reiseprospekt. Und genau das hat mich ehrlich gesagt zunächst zögern lassen. Exotische Schauplätze im Thriller-Genre sind momentan ja total angesagt, aber ich persönlich habe es lieber düster und atmosphärisch. Ein verlassener Hof in Yorkshire oder ein nebliger Wald an der Küste Englands – das ist mein Wohlfühlsetting, wenn es um Spannung geht.
Doch Caro Carver hat mich überrascht.
‚Bad Tourists’ von Caro Carver – Sonne, Sand & ein dunkles Geheimnis
Worum geht’s?Drei Freundinnen – Darcy, Kate und Camilla – reisen gemeinsam ins traumhafte Sapphire Island Resort auf den Malediven, um Darcys Scheidung zu feiern. Was zunächst nach einem entspannenden Trip klingt, ist in Wahrheit ein Urlaub voller ungelöster Fragen, dunkler Geheimnisse und belastender Erinnerungen. Denn was die Frauen miteinander verbindet, geht weit über gemeinsame Mädelsabende hinaus: Ein tragisches Ereignis aus der Vergangenheit wirft noch immer seinen Schatten auf ihre Gegenwart.
Parallel lernen wir Jade kennen, die gerade ihre Flitterwochen an genau diesem Ort verbringt. Doch was wie ein romantisches Paradies beginnt, entpuppt sich bald als psychologisches Pulverfass.
Mehr als nur Sonnenschein und Aperol Spritz
Was Caro Carver hier geschickt macht, ist der Kontrast zwischen der paradiesischen Kulisse und dem psychischen Ballast ihrer Figuren. Die Sonne brennt, der Pool glitzert – doch unter der Oberfläche brodelt es. Alte Wunden, Misstrauen, Verdrängung, Wut. Die Kapitel wechseln die Perspektive, sodass man sich nach und nach ein komplexes Bild der Beziehungen, Motivationen und Brüche machen kann. Und wer meint, er hätte den Dreh schnell raus – tja, der dürfte sich wundern. Carver spielt mit Andeutungen und falschen Fährten, bleibt dabei aber angenehm unaufgeregt. Kein sensationsheischendes Drama, sondern ein kluger, psychologisch feinfühliger Spannungsroman.
Ein paar kleine Kritikpunkte?
Gegen Ende hätte es für meinen Geschmack nicht ganz so drastisch ausarten müssen – da wirkte es fast, als hätte man noch mal schnell eine Dosis Extra-Schock gebraucht. Das hätte es für mich gar nicht gebraucht, denn die wahre Spannung lag längst in den leisen Momenten, in den Blicken, die zu lange verweilen, in der Art, wie jemand plötzlich den Raum verlässt.
Was bleibt?
Ein moderner Thriller, der aktuelle Themen rund um weibliche Selbstbestimmung, Loyalität, Trauma und Wut verhandelt – eingebettet in ein Setting, das ich anfangs skeptisch beäugt habe und nun doch atmosphärisch gelungen fand. Carver zeigt, wie tief Verletzungen sitzen können – selbst, wenn alles nach Luxus und Leichtigkeit aussieht.
Bad Tourists ist ein spannender, psychologisch dichter Thriller mit gesellschaftlichem Tiefgang. Wer keine Lust auf klassische Serienmörder-Stories, sondern auf klug konstruierte Spannungsbögen in einem ungewohnten Setting hat, sollte sich diesen Titel auf die Leseliste setzen.
4 von 5 Sternen ⭐️⭐️⭐️⭐️
Und vielleicht – nur vielleicht – bin ich jetzt doch nicht mehr ganz so abgeneigt gegenüber Thrillern in tropischen Kulissen.
Und ihr?
Team dunkler Wald oder sonnige Insel? Welche Kulisse lässt euch mehr frösteln?
