Kennt ihr das? Da gibt es diese Bücher, die einem immer wieder empfohlen werden. Mal ganz subtil, mal mit Nachdruck – fast so, als würde die gesamte Bookstagram-Community im Chor rufen: „Lies das endlich!“
Genau so ging es mir mit „One Dark Window – Die Schatten zwischen uns“ von Rachel Gillig. Irgendwann dachte ich: Jetzt oder nie! Und was soll ich sagen? Ich habe gelesen – und wurde überrascht.
‚One Dark Window – Die Schatten zwischen uns‘, (The Shepherd King, Band 1) von Rachel Gillig
Ein Einstieg, der Geduld verlangt
Ganz ehrlich: Der Einstieg fiel mir nicht leicht. Der Schreibstil ist ungewohnt, stellenweise altertümlich, beinahe lyrisch. Viele Passagen – vor allem die Gedichte – musste ich zweimal lesen, um sie wirklich zu greifen. Die Sprache ist dicht, die Sätze kunstvoll – das hat etwas Magisches, verlangte aber auch Konzentration. Wer leichte, flüssige Fantasy erwartet, wird hier vielleicht erst stolpern, bevor er verzaubert wird.
Doch dann … dann entfaltet sich die Geschichte. Und zieht einen in eine düstere, mystische Welt, aus der man nicht mehr auftauchen möchte.
Magie, wie ich sie noch nie gelesen habe
Was Rachel Gillig hier erschafft, ist keine 08/15-Magie – sondern ein komplexes, faszinierendes System. Magie entsteht durch Infektionen und manifestiert sich in Form mächtiger Karten, die Fähigkeiten verleihen: Mut. Schönheit. Unsichtbarkeit. Kontrolle. Jede Karte birgt Macht – aber auch Gefahr.
Ich liebe es, wenn Fantasy nicht nur mit Schwertern, sondern mit Ideen glänzt. Und dieses Kartensystem ist für mich definitiv ein Highlight der Reihe. Dazu kommen nebelverhangene Wälder, alte Ruinen, düstere Burgen – ein atmosphärisches Setting, das perfekt zur dunklen Grundstimmung passt.
Elspeth & der Nachtmahr
Die Ich-Erzählerin Elspeth war für mich sofort greifbar. Stark, entschlossen, aber innerlich zerrissen – denn in ihrem Kopf lebt seit Jahren ein Nachtmahr, ein uraltes, mächtiges Wesen, das ihr Fähigkeiten verleiht, sie aber auch langsam zu verschlingen droht. Ihre innere Zerrissenheit, das ständige Ringen um Kontrolle – das war intensiv und gut geschrieben.
Etwas anstrengend empfand ich den Nachtmahr selbst: Er spricht oft in Rätseln, in Reimen, fast wie ein dunkler Barde. Das passt zur düsteren Stimmung, war mir stellenweise aber etwas zu viel.
Slow Burn, der leise knistert
Natürlich gibt es auch eine Romanze – Elspeth und Ravyn, der geheimnisvolle Hauptmann. Zwischen ihnen entwickelt sich ein zartes Band, eine leise Spannung. Kein Insta-Love, keine übertriebenen Liebesszenen. Eher ein Slow Burn mit viel Raum für Entwicklung.
War es atemberaubend? Nein. Aber es war angenehm zurückhaltend – und das hat mir gefallen. Hier steht nicht die Liebe im Vordergrund, sondern die Geschichte. Und die ist stark genug, um zu tragen.
Ein blutiger Showdown & ein Cliffhanger, der nachwirkt
Gegen Ende nimmt das Tempo deutlich zu. Die letzten Kapitel sind spannend, voller Enthüllungen und gipfeln in einem düsteren Showdown, der keine Fragen offenlässt – außer: Wie komme ich schnell an Band zwei?!
Denn ja, „One Dark Window“ endet mit einem fiesen Cliffhanger, der einen mit großen Augen und pochendem Herzen zurücklässt.
Fazit:
„One Dark Window – Die Schatten zwischen uns“ ist für mich kein Wohlfühlbuch. Es ist dunkel, manchmal sperrig, oft fordernd – aber genau das macht seinen Reiz aus. Wer bereit ist, sich auf diese düstere Reise einzulassen, wird mit einer originellen Geschichte, einem faszinierenden Magiesystem und einer stimmungsvollen Welt belohnt.
Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen – mit einem kleinen Punktabzug für die Eingangsbarriere und den etwas übertrieben rätselhaften Nachtmahr. Aber dafür ein dickes Plus für die Atmosphäre, die Tiefe und die kreative Magie.
Ach ja – noch etwas:
Warum ist das englische Cover SO viel schöner?!
Die deutsche Ausgabe ist okay, keine Frage – aber das Original? Ein absoluter Blickfang. Gut, dass uns Buchnerds ein Cover nicht vom Lesen abhält … aber schön wär’s schon gewesen.
Band 2 „Two Twisted Crowns“ liegt schon bereit. Ich freu mich drauf.
Und ihr?
Habt ihr die Reihe schon begonnen – oder schleicht sie noch um euren SuB?