Katie Kento – Hotel Ambrosia: Du. Entkommst. Nicht.

Ich hab’s endlich getan! Nach all den BookTok-Videos, all den überschwänglichen Empfehlungen und all den düsteren Zitaten, die mir gefühlt auf jeder zweiten Instagram-Seite begegnet sind, ist Hotel Ambrosia nun endlich vom SUB befreit worden. Und ehrlich? Ich hab mich richtig darauf gefreut, in diese unheimliche Geschichte einzutauchen. Mein Gefühl: Das wird creepy. Und spannend. Und sehr, sehr anders.

Ein True-Crime-Rätsel mit Horrorhotel-Setting, das einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Katie Kento – Hotel Ambrosia: Du. Entkommst. Nicht.

Schon nach den ersten Seiten war klar – dieses Hotel ist kein Ort, an dem man freiwillig Urlaub macht. Es ist vielmehr ein Charakter für sich, ein atmender, dunkler Organismus, der Erinnerungen frisst und Geheimnisse wie Spinnweben zwischen seinen Wänden aufspannt. Das Ambrosia verschlingt seine Bewohner und spuckt sie zu den Füßen der Toten aus. Ein Satz, der mir beim Lesen eine Gänsehaut beschert hat – und der die düstere Seele dieses Romans perfekt einfängt.

Die 17-jährige Robyn, unsere Protagonistin, ist alles andere als eine klassische Ermittlerin. Aufgrund einer chronischen Erkrankung ist sie an ihre Wohnung gefesselt – genauer gesagt: an das Fenster, von dem aus sie das Ambrosia beobachtet. Tag für Tag. Als stille Beobachterin des Bösen. Ihre Faszination für True Crime trifft hier auf einen Armchair Detective-Trope, wie er atmosphärischer kaum sein könnte. Robyn kennt die Schattenseiten des Hotels besser als die meisten – und als sie Zeugin einer Entführung wird, beginnt für sie ein psychologisch dichtes Spiel mit der Wahrheit. Denn das Opfer ist ihr nicht fremd.

Doch was tun, wenn man nicht selbst eingreifen kann? Robyns Lösung heißt AJ – ein Jugendlicher mit rauer Schale, trauriger Vergangenheit und einem großen Herzen. Gemeinsam bilden die beiden ein ungewöhnliches Team, das in bester Detective-Duo-Dynamik zwischen Scharfsinn, Humor und unterschwelliger Anspannung hin- und herpendelt. AJ ist herrlich direkt, trägt aber ein Geheimnis mit sich, das man als Leser Stück für Stück entdecken darf. Zwischen ihm und Robyn entwickeln sich keine typischen romantischen Verwicklungen – vielmehr eine intensive Verbundenheit, geprägt von gegenseitigem Respekt und einem Funken gegenseitiger Rettung.

Katie Kento erschafft mit dem Ambrosia einen Schauplatz, der sich anfühlt wie ein Echo realer Orte – man denkt unweigerlich ans Cecil Hotel in L.A., dessen dunkle Geschichte durch Dokus und urbane Legenden Kultstatus erreicht hat. Diese Parallelen webt die Autorin geschickt ein, lässt Realität und Fiktion verschwimmen, sodass man manchmal vergisst, dass man “nur” einen Roman liest.

Die Spannung zieht sich wie ein dunkler Faden durch das gesamte Buch. Kein Moment bleibt unbelastet, keine Szene wirkt beliebig. Es ist dieses stetige Gefühl, dass hinter jeder Tür etwas lauern könnte – eine Wahrheit, ein Monster, ein Teil von Robyn selbst. Die Auflösung? Ein Twist, der mich komplett kalt erwischt hat. Ehrlich, ich habe die Seiten mehrfach zurückgeblättert, weil ich einfach sicher sein musste, dass da wirklich das stand, was ich gelesen hatte. Grandios konstruiert, perfide in seiner Logik, und trotzdem so stimmig, dass man nur fassungslos den Kopf schütteln kann. Das sind die Wendungen, für die ich Jugendthriller liebe.

Kleiner Wermutstropfen: Einige Passagen in der Mitte hätten etwas mehr Tempo vertragen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau – denn die Atmosphäre, das raffinierte Rätselspiel und die dichte Figurenzeichnung machen das locker wett.

Hotel Ambrosia ist ein atmosphärischer, psychologisch dichter Jugendthriller, der Horror und Krimi auf kluge Weise miteinander verwebt. Wer sich gern in düsteren Geheimnissen verliert, wer unzuverlässige Erzähler liebt und ein Faible für fiktive True-Crime-Vibes hat, wird hier absolut auf seine Kosten kommen. Für mich war es ein Pageturner mit echter Gänsehaut-Garantie.

4/5 Sterne – und eine dicke Leseempfehlung für alle, die sich trauen, ins Ambrosia einzuchecken.