Ein High Fantasy Auftakt, der unter die Haut geht – politisch, emotional und absolut fesselnd.
Black Witch – Prophezeiung von Laurie Forest
Kennt ihr das Gefühl, wenn ein Buch schon eine ganze Weile im Regal steht und ihr spürt, dass es euch gefallen wird – aber ihr greift trotzdem aus irgendeinem Grund nie danach? So ging es mir mit Black Witch. Und jetzt, da ich den ersten Band endlich gelesen habe, frage ich mich ernsthaft: Warum habe ich so lange gewartet?
Worum geht’s?
Elloren Gardner ist die Enkelin der legendären Schwarzen Hexe – einer Frau, deren Macht einst den Reichskrieg entschied. Doch im Gegensatz zu ihrer Großmutter scheint Elloren keinerlei Magie zu besitzen. In einer Welt, in der magische Kraft über gesellschaftlichen Status entscheidet, ist das eine Schwäche – besonders für jemanden mit ihrem Namen. Als sie ihren langgehegten Traum verwirklichen darf und an die Universität von Verpax geht, wird ihr schnell klar: Ihr Name allein reicht aus, um Misstrauen, Hass und Furcht zu säen. Besonders in einer Umgebung, die Völker aller Art willkommen heißt – darunter auch die verhassten Icarale. Was beginnt wie eine klassische Coming-of-Age-Fantasy, entwickelt sich bald zu einem tiefgründigen, politisch aufgeladenen Abenteuer mit hochaktuellen Themen wie Rassismus, Vorurteile, Machtmissbrauch und Rebellion.
Langsamer Einstieg? Nein – ein Ankommen.
Ich habe es geliebt, wie mich das Buch ganz sanft an die Hand genommen hat. Kein hektischer Prolog, keine überstürzte Action – sondern ein Einstieg, der sich anfühlt wie eine warme Umarmung. Man darf die Charaktere erst einmal kennenlernen, die Welt begreifen, die feinen Zwischentöne spüren. Und genau das hat für mich den Zauber ausgemacht. Laurie Forest schenkt uns Zeit, uns zu verlieben – in Elloren, in ihre Brüder, ihre Mitbewohnerinnen, ihre Verbündeten. Und wenn die Geschichte dann an Fahrt aufnimmt, ist man emotional längst tief verwurzelt.
Eine Heldin, die nicht als Heldin beginnt
Elloren ist keine klassische starke Protagonistin, die schon zu Beginn mutig, laut und rebellisch ist. Sie ist geprägt von den Idealen, mit denen sie aufgewachsen ist – von Vorurteilen, Unsicherheiten, von einer Welt, die ihre eigene Menschlichkeit unterdrückt. Doch genau diese Entwicklung macht ihren Weg so intensiv. Sie lernt, zweifelt, stolpert und wächst. Und mit ihr wächst eine neue Sichtweise – eine, die Hoffnung macht.
Worldbuilding vom Feinsten
Was für ein Universum Laurie Forest hier erschaffen hat! Es ist komplex, düster, magisch und politisch. Es geht um mehr als nur Magie – es geht um Machtverhältnisse, um gesellschaftliche Schichten, um kulturelle Konflikte. Die Magie ist ein Teil dieser Welt, aber nicht der einzige Antrieb. Es ist ein echtes Fantasy-Epos, das sich Zeit für Details nimmt, ohne sich darin zu verlieren. Besonders gefallen hat mir der Fokus auf Alltag, Politik und Strukturen – das verleiht der Geschichte Tiefe und eine fast schon beängstigende Realität.
Was ich gesucht habe, aber nicht gefunden habe?
Spice – ja, ich gebe es zu, ich habe die Augen offengehalten. Aber Black Witch ist ein Slow Burn durch und durch – was völlig in Ordnung ist, denn Romantik steht hier nicht im Mittelpunkt. Die emotionale Tiefe kommt auf ganz anderen Wegen, subtiler, bedeutungsvoller. Und das hat mir fast noch besser gefallen.
Black Witch – Prophezeiung ist der Auftakt einer epischen Fantasyreihe, die mehr ist als Magie und Mythos. Es geht um Identität, um Gerechtigkeit, um Mut – und um die Frage, wie man sich selbst in einer Welt findet, die einen von Anfang an in eine Schublade steckt. Für mich war es ein echtes Herzensbuch, das mich begeistert, berührt und tief beeindruckt hat.
5 von 5 Sternen ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ – und die dringende Empfehlung, Band 2 direkt parat zu haben.
