Ein Buch, an dem momentan gefühlt kein Weg vorbeiführt…
Nicola Sanders – Don’t Let Her Stay
Wenn das Böse höflich lächelt und mit Koffer in der Hand vor deiner Haustür steht…
Manche Bücher tauchen plötzlich überall auf. In Storys, auf Blogs, in Buchempfehlungen. Und irgendwann kann man nicht mehr wegsehen – man muss einfach wissen, worum es geht. Genau so ging es mir mit Don’t Let Her Stay von Nicola Sanders. Ein Psychothriller, der bereits beim Klappentext eine Ahnung davon vermittelt, dass hier nichts so ist, wie es scheint. Und glaubt mir: Diese Ahnung trügt nicht.
Worum geht’s?
Joanne ist frisch verheiratet mit Richard – alles scheint perfekt. Ein schönes Zuhause, ein neues Leben zu zweit und dazu die Hoffnung, dass bald auch Richards Tochter Chloe aus erster Ehe Teil dieser kleinen Patchwork-Idylle wird. Was wie ein herzerwärmendes Familienmärchen klingt, wird allerdings ganz schnell zu einem wahren Albtraum. Denn Chloe ist… sagen wir: besonders. Vor allem dann, wenn Richard nicht hinsieht.
Joanne wünscht sich Harmonie, Nähe, vielleicht sogar so etwas wie Freundschaft mit Chloe. Doch stattdessen begegnet ihr eine manipulative, scheinheilige junge Frau, die es meisterhaft versteht, sich vor ihrem Vater als unschuldiges Engelchen zu inszenieren – während sie Joanne subtil und eiskalt den Boden unter den Füßen wegzieht.
Der Klassiker: Niemand glaubt ihr.
Richard – ach, Richard. Ich hätte ihn manchmal gerne persönlich geschüttelt. So blind, so naiv, so… ja, auch ein bisschen nervig. Und Joanne? Ich wollte ihr zurufen: „Sieh hin! Wach auf! Wehr dich!“ Aber natürlich ist das leichter gesagt als getan, wenn man sich zwischen Zweifel und Selbsterhalt, Liebe und Wahrheit verliert. Denn genau hier liegt die Stärke dieses Thrillers: Man fühlt mit. Man leidet mit. Man will das Buch gegen die Wand werfen – und liest trotzdem weiter. Denn Nicola Sanders versteht es, mit psychologischer Raffinesse ein Netz aus Manipulation, Misstrauen und emotionalem Druck zu spinnen.
Chloe ist in ihrer Rolle fast schon beängstigend gut geschrieben. So eine Figur, bei der man sich beim Lesen instinktiv duckt, weil man sich selbst nicht sicher ist, ob sie einem nicht auch ein Messer in den Rücken rammen würde – mit einem Lächeln auf den Lippen.
Der Schreibstil ist dabei flüssig, schnörkellos und angenehm lesbar – perfekt für all jene, die gerne zügig durch ein Buch rauschen, ohne dabei an Atmosphäre einzubüßen. Die Spannung bleibt konstant hoch, auch wenn ich persönlich ein paar Entwicklungen erahnt habe. Dennoch gab es Momente, die mich überrascht haben – und das will was heißen, denn ich bin als geübte Thrillerleserin durchaus schwer zu schocken.
Ein fesselnder, manipulativer Psychothriller mit starkem Sogfaktor und einer Heldin, bei der man sich fragt: Wie viel hält ein Mensch eigentlich aus, bis er selbst zu Mitteln greift, die er nie für möglich gehalten hätte?
Don’t Let Her Stay ist nichts für schwache Nerven, aber genau das Richtige für Leser, die sich gerne in toxischen Familiendynamiken verlieren – mit einem Hauch Millie aus Freida McFaddens „Housemaid“-Universum.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen und empfehle: Lest das Buch, aber schaut euch dabei ruhig mal über die Schulter. Man weiß ja nie…
