„Safe Space“ von Sarah Bestgen

Es gibt Bücher, die einem sofort ins Auge springen, einfach weil das Setting so außergewöhnlich klingt. Ein Hochsicherheitsgefängnis als Schauplatz? Da bin ich grundsätzlich schon fasziniert – und in diesem Fall sogar doppelt, denn mein Mann arbeitet selbst in einer JVA. Dass die Geschichte in einem Hochsicherheitsgefängnis spielt, hat mich sofort neugierig gemacht. Der Alltag meines Mannes in einer JVA prägt nämlich auch meine eigene Faszination für Themen wie Kriminalität, Täterpsyche und die Frage, warum Menschen Grenzen überschreiten. Für mich ist das ein Thema, das mich nicht nur neugierig macht, sondern auch menschlich fasziniert. Vielleicht war genau deshalb meine Vorfreude auf „Safe Space“ von Sarah Bestgen so groß.

Schon der Klappentext hat mich direkt abgeholt: Eine forensische Psychologin, die mit den gefährlichsten Straftätern arbeitet – und gleichzeitig vor ihrer eigenen Vergangenheit flieht. Das ist ein Mix, den ich liebe. Figuren, die brennen, bröckeln, kämpfen – vor allem im Inneren.

Anna, unsere Hauptfigur, ist genau so jemand. Von außen wirkt sie ruhig, kontrolliert, klug. Aber je länger man liest, desto stärker spürt man, wie viel sie in sich hineinfrisst. Ihre Angst, ihre Unsicherheit, ihre innere Unruhe sind ständig spürbar. Das fand ich richtig gut umgesetzt. Ich hatte beim Lesen oft das Gefühl, selbst das beklemmende Flattern in ihrer Brust zu spüren.

Die Geschichte springt zwischen Vergangenheit und Gegenwart und wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Das macht das Ganze vielschichtiger – und gerade Annas Vergangenheit ist ein Puzzle, dessen Teile sich nach und nach finden. Die Kapitel aus Leons Sicht haben mir besonders gefallen, weil sie die emotionale Seite der Story verstärken und gleichzeitig noch mal eine ganz andere Sicht auf Anna zulassen.

Trotzdem gab es Momente, die für meinen Geschmack etwas lang gezogen waren. Vor allem die Insassen blieben ziemlich im Hintergrund. Ich hätte unglaublich gern tiefere Gespräche zwischen ihnen und Anna gehabt, dieses psychologisch Intensive, was man in einem solchen Setting ja praktisch auf dem Silbertablett serviert bekommt. Da war viel Potenzial, das nicht ganz ausgeschöpft wurde.

Auch das Gefängnissetting selbst hätte für mich noch etwas rauer sein dürfen. Vielleicht liegt das daran, dass ich durch meinen Mann einfach ein anderes Bild davon habe, wie viel Druck, Stress und Unberechenbarkeit dort herrschen. In „Safe Space“ wirkt vieles vergleichsweise ruhig und kontrolliert, was der Atmosphäre ein bisschen die Schärfe nimmt. Aber vielleicht ist das von JVA zu JVA einfach unterschiedlich.

Was mich aber wirklich gepackt hat, war Anna als Figur. Ihre innere Zerrissenheit, ihr Bedürfnis nach Kontrolle, ihr gleichzeitiger Drang, endlich Antworten zu finden – das war extrem greifbar. Und Sarah Bestgen schreibt das alles mit einer Klarheit, die gut flutscht und trotzdem emotional trifft.

Der einzige Punkt, der mich ein bisschen rausgebracht hat: Einige Wendungen waren leider früh zu erahnen. Manche Formulierungen, kleine Hinweise … ich dachte mir beim Lesen öfter: „Okay, ich ahne, wo das hinführt.“ Das hat ein wenig Spannung genommen, auch wenn die Grundidee der Story absolut stark ist.

Am Ende bleibt für mich ein Thriller, der nicht laut, blutig oder überdramatisch sein will, sondern psychologisch arbeitet – und das macht er gut. Auch wenn ich mir an manchen Stellen etwas mehr Tiefe gewünscht hätte, habe ich das Buch gern gelesen und fand die Atmosphäre wirklich gelungen.

Für alle, die Thriller mögen, die mehr im Kopf als in der Action stattfinden, ist „Safe Space“ definitiv einen Blick wert.

Von mir gibt’s 4 von 5 Sternen ⭐️.


Seven Deadly Thorns – Ein Herz so schwarz wie Ebenholz von Amber Hamilton

Kennt ihr das, wenn ihr ein Buch aufschlagt und sofort merkt: Ah okay, hier wird’s düster, dramatisch und ein kleines bisschen toxisch – aber genau auf die gute Art? Seven Deadly Thorns – Ein Herz so schwarz wie Ebenholz von Amber Hamilton hat bei mir genau diese Stimmung ausgelöst. Schon der Klappentext klingt, als hätte jemand Dark Academia, düstere Märchen und Enemies-to-Lovers in einen Mixer geworfen – und ja, genau so liest es sich auch.

Im Mittelpunkt steht Viola, sie ist schlau, strategisch, vorsichtig – nicht aus Spaß, sondern weil sie ihre verbotene Schattenmagie verstecken muss. Allein das setzt schon eine Grundspannung, die man auf jeder Seite merkt. Was ich an ihr mochte: Sie ist nicht das typische naive Fantasy-Girl. Sie ist wütend, clever und manchmal auch stur, aber eben genau deswegen authentisch.

Und dann haben wir Roze Roquelart, den Prinzen mit dem Hang zur Arroganz und einer Verletzlichkeit, die er am liebsten unter drei Schichten Überheblichkeit verstecken würde. Sein Charakter pendelt konstant zwischen „Was für ein Unsympath“ und „Oh… wow, okay, da steckt viel mehr dahinter“. Und genau das macht ihn interessant. Gleichzeitig wird er zum Werkzeug seiner Mutter, der Königin, die mit ihren Methoden locker einen eigenen Psychothriller tragen könnte. Die politischen Spielchen im Hintergrund sorgen dafür, dass die Story nicht nur von Romance lebt, sondern auch von Macht, Kontrolle und Intrigen.

Häuser, Regeln, Prüfungen – klingt superpromising, verliert sich aber manchmal in Details, die dem Plot gar nicht so viel geben. Schön aufgebaut, aber dramaturgisch hätte ich mir etwas mehr Konsequenz gewünscht. Was hingegen sehr gut funktioniert, ist das Worldbuilding außerhalb der Mauern: ein Königreich, das unter einem tödlichen Nebel leidet, eine Bevölkerung, die immer mehr an Ungleichheit und Angst zerbricht – das schafft Druck, Atmosphäre und dieses unterschwellige Gefühl, dass etwas ganz Grundlegendes schiefläuft.

Der Plot selbst lebt von Enthüllungen, Geheimnissen, Deals und dem ständigen Hin und Her zwischen Viola und Roze. Ein bisschen gezwungene Nähe, ein bisschen „Ich sollte dich hassen, aber mein Herz hat da andere Pläne“, ihr kennt das Spiel. Das macht Spaß, das liest sich schnell weg, und man möchte trotz kleiner Längen wissen, wie es weitergeht. Manche Szenen haben sich für mich etwas gezogen, aber insgesamt bleibt der Spannungsbogen stabil.

Das Ende? Uff. Sagen wir so: groß, dramatisch – aber immerhin werden die losen Fäden sauber zusammengeführt. Es ist ein Abschluss, der zwar nicht perfekt ist, aber solide wirkt und definitiv Lust macht, weiter in die Welt einzutauchen.

Für mich war Seven Deadly Thorns eine dunkle, atmosphärische, etwas märchenhafte Romantasy mit starken Ideen, einer tollen Protagonistin und ein paar Schwächen im pacing. Aber unterm Strich eine sehr spezielle Mischung, die ich so noch nicht oft gelesen habe.

3,5 von 5 ⭐️

Ein Buch für alle, die düstere Märchenvibes, Enemies-to-Lovers und ein bisschen Dark Academia lieben. Ich bin gespannt auf Band 2…


Jetzt ist er endlich da – der 1. Dezember!

Jetzt ist er endlich da – der 1. Dezember!

Ich habe wirklich selten so sehr auf einen neuen Monat hingefiebert wie diesmal. Der November war einfach… brutal. Eine Krankheit jagte die nächste, alle ständig angeschlagen, und dann auch noch der Verlust von unserem geliebten Moritz. Dieser Monat hat sich so schwer angefühlt, als würde er einfach nicht enden wollen. Ich bin ehrlich: Ich bin froh, dass er vorbei ist.

Und genau deshalb fühlt sich der Dezember dieses Jahr wie ein riesiger, wohliger Seufzer an. Endlich ankommen. Endlich durchatmen. Endlich wieder Dinge genießen können, die gut tun.

Ich freue mich unfassbar auf alles, was diese Zeit so besonders macht:

auf Kuschelstunden mit der Familie, auf das Plätzchenbacken, bei dem die Küche danach aussieht wie ein Schneesturm aus Mehl, auf Glühwein und heiße Schokolade, auf lange Abende mit Weihnachtsfilmen, auf Kaminwärme, auf dieses sanfte, beruhigende Kerzenschein-Gefühl, das sofort die Seele runterfährt.

Und natürlich freue ich mich auf Bücher. Auch wenn ich zugeben muss: Weihnachtsbücher lese ich selbst überhaupt nicht gern. Nur im Kinderbereich – da liebe ich es, täglich eine Geschichte mit meinen Kindern zu lesen, Adventskalenderbuch inklusive. Das ist für mich eines der schönsten Rituale überhaupt.

Der Dezember ist meine absolute Lieblingszeit im Jahr.

Dieses warme, geborgene, langsame Gefühl, das überall mitschwingt… das kann für mich kein anderer Monat.

Wie ist es bei euch? Seid ihr auch Dezember-Menschen – oder könnt ihr mit der Weihnachtszeit eher wenig anfangen?


Laura Nick – A Heart of Wind and Earth

Manchmal frage ich mich wirklich, wer bitte all diese neuen Genre-Bezeichnungen erfindet. Regency-Romantasy? Ernsthaft? Als würde mein Bücherregal nicht schon genug Kategorien kennen. Aber gut – ich bin neugierig, und sobald ein neues Subgenre auftaucht, fühle ich mich magisch dazu verpflichtet, hineinzuschnuppern. Und was soll ich sagen? Dieser Ausflug hat sich definitiv gelohnt.

Laura Nick – A Heart of Wind and Earth

(Isle of Elements 2)

Schon nach wenigen Kapiteln wird klar: Diese Geschichte ist mehr als nur ein Mix aus zauberhafter Fantasy und Regency-Vibes. Sie erzählt von Mut, Verlust, Verantwortung – und einer Protagonistin, die sich nicht länger von ihren Ängsten bestimmen lässt.

Im Mittelpunkt steht Farina, eine Prinzessin, die nicht in Ohnmacht fällt oder den Blick abwendet, wenn’s ungemütlich wird. Ganz im Gegenteil. Seit dem Angriff des Kraken, der das Königreich Dumoth erschüttert hat, trainiert sie härter, als es die königliche Etikette wahrscheinlich erlaubt. Die Bedrohung durch die Monster nimmt zu, die schützende Mauer scheint zu bröckeln, und während alle versuchen, den Normalzustand aufrechtzuerhalten, spürt Farina nur eines: Sie muss etwas tun. Also bricht sie gegen den Willen ihrer Schwester auf – und landet mitten im Konflikt, der viel größer ist, als sie ahnt.

Und natürlich trifft sie dort auf Fynn Evans, Kommandant, stur wie eine Wand und absolut keine Lust verspürend, eine angeblich verwöhnte Prinzessin im Schlepptau zu haben. Ihre erste Begegnung hat mich laut schmunzeln lassen. Er voller Vorurteile, sie voller Entschlossenheit – und beide mit einer Portion unausgesprochener Wut über die Umstände. Aber je länger sie miteinander trainieren, desto schneller schmilzt diese „Wir kommen nicht klar“-Eiswand dahin. Die Anziehung ist nicht übertrieben, nicht kitschig, sondern ein leises Knistern, das sich von Seite zu Seite stärker auflädt.

Was mich besonders begeistert hat, ist das Setting. Die Autorin erschafft eine märchenhafte Welt, deren Bedrohung sich langsam, aber stetig ausbreitet. Die Mauer, die Kreaturen, die düstere Atmosphäre – alles wirkt durchdacht und lebendig. Und doch bleibt genug Raum, damit sich der Fokus auf die Figuren und ihre persönlichen Konflikte richtet. Gerade Farinas Entwicklung ist stark erzählt. Sie wirkt nie übertrieben heroisch, sondern menschlich, verletzlich, hartnäckig – und genau deshalb so glaubwürdig.

Außerdem liebe ich die Art, wie Laura Nick Diversität einbindet. Ganz natürlich, ohne große Erklärungen oder künstliche Betonung. Die entstehende Found Family – mit einer nonbinären Figur, einem Mann, einer Frau und unserem verschlossenen Kommandanten – ist mit das Schönste an diesem Band. Sie funktioniert emotional, humorvoll und bringt eine beeindruckende Leichtigkeit in die düstere Grundstimmung.

Der Schreibstil ist angenehm modern und flüssig. Man verliert sich nicht in zu langen Beschreibungen, sondern fliegt geradezu durch die Kapitel. Perfekt für Leser, die Fantasy lieber dynamisch als überladen mögen.

Ein paar kleine Wünsche habe ich dennoch: Manche Nebenfiguren blitzen kurz auf und verschwinden dann wieder, obwohl sie eigentlich unglaublich viel Potenzial tragen. Auch einen tieferen Blick hinter die Mauer hätte ich spannend gefunden – die Bedrohung ist so präsent, dass man unbedingt mehr darüber erfahren möchte.

Trotzdem bleibt unterm Strich ein rundes, atmosphärisches, mitreißendes Buch, das mich neugierig macht – auf die Welt, auf die Hintergründe, auf die anderen Bände. Und ja, ich gebe es offen zu: Nachdem ich Band 2 verschlungen habe, werde ich jetzt definitiv Band 1 nachholen.

Ein starker, emotionaler, spannender Regency-Romantasy-Band, der mit Atmosphäre, Charakterentwicklung und einer tollen Dynamik überzeugt.

4/5 ⭐️ – und eine klare Leseempfehlung von mir.


Liza Grimm ‚Feuerlilie. Asche spendet Leben‘

Es gibt diese Fantasyreihen, die man eher nebenbei entdeckt – und dann plötzlich feststellt, dass sie einen komplett in ihren Bann gezogen haben. Genau das ist mir mit Feuerlilie passiert. Ich habe Band 2 gelesen, war völlig gefesselt von dieser Mischung aus politischer Spannung, Elementarmagie und undurchsichtigen Machtspielen… und habe mir danach sofort Band 1 nachbestellt. Wenn High Fantasy das schafft, dann weiß man: Da steckt etwas Besonderes drin.

Liza Grimm ‚Feuerlilie. Asche spendet Leben‘

Die Welt, die Liza Grimm erschaffen hat, ist eine der faszinierendsten Magiesysteme, die ich seit Langem gelesen habe. Magie, die über Seelen funktioniert – gebunden an Bücher, bewacht und gelenkt von sogenannten Buchbindern. Diese Idee ist so originell, so atmosphärisch und gleichzeitig so gefährlich, dass man beim Lesen immer wieder innehält, weil die Mechanik dahinter so komplex und spannend ist.

Im Mittelpunkt steht Nara, die als Elementgesandte des Wassers an der Akademie um einen Platz im großen Wettkampf kämpft. Jeder Zyklus entscheidet, wer die Buchbinder kontrollieren darf – das Zentrum der Macht. Für Nara geht es dabei nicht nur um Ruhm oder Ehre, sondern um das Überleben ihrer Heimat im ewigen Eis. Doch je länger sie in der Akademie ist, desto deutlicher wird, dass hier einiges faul ist. Geheimnisse, Lügen und politische Spiele weben sich wie unsichtbare Netze durch die Flure der Akademie. Und mittendrin: Nara und ihr kostbares Seelenbuch.

Besonders eindrucksvoll fand ich, wie sehr sich die Welt in diesem Band öffnet. Die Kapitel aus Katsos Perspektive reißen uns förmlich aus den Mauern der Akademie hinaus in die raue Realität der Bronzefratzen und der Bürger Lorts. Die Geschichte bekommt dadurch eine zusätzliche Ebene – eine, die zeigt, wie groß und gefährlich diese Welt wirklich ist. Während in der Akademie Intrigen und Rivalitäten toben, brodelt jenseits davon ein Konflikt, der weitaus größer ist als die Wettkämpfe der Elementargesandten.

Die Handlung selbst ist eine perfekte Mischung aus Magie, Gefahr und emotionalen Momenten. Mordanschläge, Entführungen, Machtkämpfe, Sabotage – und immer wieder die Frage: Warum ist ausgerechnet Nara und ihr Seelenbuch so wertvoll? Welche Rolle spielt sie wirklich in diesem düsteren, politisch aufgeladenen Spiel?

Liza Grimms Schreibstil hat mich komplett abgeholt. Er ist atmosphärisch, kraftvoll, bildreich – jede Szene wirkt visuell greifbar. Die abwechselnden Perspektiven machen es unglaublich leicht, mit beiden Figuren mitzufiebern. Und der Spannungsbogen? Durchgehend präsent. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, weil ständig etwas passierte, das die Geschichte weiter vorangetrieben hat.

Und dann dieses Ende. Ein Cliffhanger, der mich völlig atemlos zurückgelassen hat. Ich brauche Band 3. Sofort.

Was mich besonders begeistert: Die Elementarmagie. Das Zusammenspiel von Wasser, Feuer, Erde und Luft ist nicht einfach nur „cooles Magiezeug“, sondern ein durchdachtes System mit Regeln, Konsequenzen und politischer Bedeutung. Wer ebenso fasziniert ist von Magiesystemen wie in Avatar – Der Herr der Elemente oder die Wettbewerbs- und Unterdrückungsstrukturen aus Die Tribute von Panem liebt, wird sich hier absolut zuhause fühlen.

Und ja – ich werde Band 1 unbedingt nachholen, weil mir jetzt erst bewusst geworden ist, wie detailverliebt und tiefgründig diese Reihe eigentlich ist. Band 2 hat mich so begeistert, dass ich das Fundament der Geschichte unbedingt kennenlernen möchte.

Eine atmosphärische, klug aufgebaute High Fantasy voller Magie, Intrigen, Geheimnisse und politischer Machtspiele. Intensiv, spannend, originell und absolut fesselnd.

4,5/5 ⭐️ und eine ganz klare Empfehlung für alle Fantasyfans.


„Lights Out“ von Navessa Allen

Manchmal taucht ein Roman auf, der nicht einfach nur eine Geschichte erzählt, sondern ein ganzes Genre einmal kräftig durchschüttelt – wie ein gleißender Blitz, der mitten in eine tintenschwarze Nacht fährt. „Lights Out“ ist genau so ein Buch: ein wilder Mix aus düsterer Dark Romance, nervenaufreibendem Thriller-Vibe und einem entwaffnend schrägen Humor, der mich mehr als einmal laut lachen ließ. Es ist eines dieser Werke, die man kaum einordnen kann und die genau dadurch so ungeheuer süchtig machen.

Im Mittelpunkt stehen Aly und Josh – zwei Menschen, die eigentlich in verschiedenen Welten leben, aber durch eine einzige Obsession miteinander kollidieren. Aly arbeitet als Krankenschwester in der Trauma-Abteilung, ein Job, der sie jeden Tag bis an ihre Grenzen bringt. Ihr Ventil? Maskierte Männer, die auf Social Media choreografierte, sündhaft heiße Videos posten. Einer dieser Accounts zieht sie besonders in den Bann: düstere Musik, provozierende Bewegungen, ein Mann hinter einer Maske, dessen Ausstrahlung irgendwo zwischen Gefahr, Erotik und purer Faszination pendelt.

Sie kommentiert seine Videos – frech, verspielt, verführerisch. Und genau damit setzt sie etwas in Gang, das sie eigentlich nie für möglich gehalten hätte.

Denn Josh liest ihre Worte. Und er nimmt sie ernst.

Vielleicht ein bisschen zu ernst.

Von hier an entwickelt sich eine Dynamik, die gleichzeitig verstörend, sexy, düster und vollkommen verrückt ist. Josh ist kein klassischer Love Interest. Er ist besessen, impulsiv, gefährlich und doch überraschend liebevoll. Einer dieser Charaktere, die ständig zwischen „Beschützerengel“ und „definitiv ein Problem“ schwanken – und genau deshalb so faszinieren. Aly hingegen ist schlagfertig, eigensinnig und trägt ihre eigenen Narben mit sich herum. Die beiden sind wie zwei Funken, die sich nur berühren müssen, um eine Explosion auszulösen.

Die Autorin spielt brillant mit der Spannung zwischen Fantasie und Realität. Was beginnt wie eine verführerische Nachricht zwischen Online-Fremden, verwandelt sich nach und nach in ein Spiel, bei dem Macht, Kontrolle und Hingabe verschwimmen. Die spicy Szenen sind scharf wie Pfeffer und werden von einer überraschend liebevollen, humorvollen Komponente begleitet, die das Buch komplett besonders macht.

Doch „Lights Out“ wäre keine Dark Romance, wenn alles beim Prickeln bliebe. Während Aly und Josh sich in ihren düstersten Sehnsüchten verlieren, schleicht sich ein weiterer Schatten in die Geschichte. Jemand beobachtet Aly. Jemand, dessen Fantasien deutlich finsterer und gefährlicher sind als alles, was zwischen ihr und Josh geschieht. Diese Wendung hebt die Geschichte auf ein neues Level – plötzlich wird alles größer, härter, bedrohlicher.

Und ich war mittendrin, vollkommen gefangen.

Das Beeindruckendste an diesem Roman ist die Art, wie Navessa Allen Licht und Dunkelheit miteinander verwebt. Eine Szene, die einen kichern lässt, wird unmittelbar von einem Moment abgelöst, der Gänsehaut verursacht. Der Humor ist frech und schwarz wie Espresso, die Spannung dagegen greifbar und pulsend. Diese Mischung macht das Buch zu einem Erlebnis, das man kaum aus der Hand legen kann.

Auch stilistisch liefert das Buch genau das, was Dark-Romance-Fans lieben: modern, direkt, intensiv, mit einem Touch TikTok-Flair und einer gehörigen Portion Wahnsinn – im besten Sinne. Die Atmosphäre ist urban, anonym und glitzernd gefährlich. Alles fühlt sich rau an, atemlos, ein bisschen verboten.

„Lights Out“ ist nichts für Zartbesaitete. Es ist scharf, düster, sexy, moralisch fragwürdig – und gleichzeitig so überraschend herzhaft komisch, dass es schon wieder genial ist. Ein Buch wie ein Chili Mule: brennend, prickelnd, mit einer süchtig machenden Note, die lange nachklingt.

Wer Dark Romance liebt, Humor mit schwarzer Seele feiert und keine Angst vor gefährlichen Fantasien hat, wird hier ein echtes Highlight finden.

Ein Buch, das provoziert.

Ein Buch, das fesselt.

Ein Buch, das man auch nach der letzten Seite nicht so schnell abschüttelt.


„Duel with the Vampire Lord“ von Elise Kova

 Es gibt Wesen in der Fantasy, die mich schon immer magisch angezogen haben – lange bevor ich von Fae, Drachen oder Gestaltwandlern gehört habe. Vampire. Irgendetwas an ihrer Mischung aus Gefahr, Eleganz, Tragik und düsterer Romantik hat mich bereits als Teenager gepackt und seitdem nie wieder losgelassen. Und genau deshalb war für mich sofort klar: Married into Magic + Vampire = Ich bin dabei. Immer.

„Duel with the Vampire Lord“ von Elise Kova hat dieses Versprechen nicht nur gehalten – es hat mich auf eine Art abgeholt, die mich daran erinnert hat, warum ich Vampire so liebe.

Schon der Einstieg hat mich komplett in seinen Bann gezogen. Wir lernen Floriane kennen, eine Schmiedin, die von ihrem ganzen Dorf geschätzt wird, weil sie die Waffen fertigt, die die Menschen vor den Vampiren schützen sollen. Eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht, aber deren Welt in einem einzigen Moment aus den Fugen gerät. Als ihr Bruder vom Vampyrfürsten tödlich verletzt wird, greift sie selbst zum Schwert – bereit, alles zu geben, sich zu opfern, wenn es sein muss.

Doch der Vampyrfürst Ruvan will nicht ihr Leben.

Er will sie.

Und ab diesem Moment entfaltet sich eine Geschichte, die gleichzeitig dunkel und wunderschön ist. Statt brutaler Monster erwartet Floriane ein Volk, das gebrochen, verflucht und überraschend menschlich ist. Und Ruvan, dieser geheimnisvolle, widersprüchliche Vampirfürst, ist das Herz dieses Mysteriums. Auf den ersten Blick wirkt er eiskalt, unnahbar, gefährlich – und dann bröckelt Schicht um Schicht die Fassade. Was darunter liegt, ist Schmerz, Pflichterfüllung, verzweifelte Hoffnung … und ein Mann, der für sein Volk brennen würde.

Floriane selbst hat mir ebenfalls unglaublich gut gefallen. Ihr Weg ist keiner von plötzlichen Verwandlungen, sondern von leisem, stetigem Wachstum. Sie löst sich langsam aus einem Leben, in das sie hineingepresst wurde, erkennt ihre eigene Stärke, ihre eigenen Wünsche. Ihre Verbindung zu Ruvan ist ein klassischer Slow Burn – der gute, der echte, der, bei dem jede Berührung fiebrig wird, weil sie selten und bedeutungsvoll ist.

Was diesen Band für mich besonders macht, ist der Fokus auf den zwischenmenschlichen Aspekten, auf der Vergangenheit und Kultur der Vampire. Weniger Action als in den vorherigen Teilen – ja. Aber dafür so viel mehr Tiefe, Tragik und Emotion. Ich habe so sehr mitgefiebert, so viele Details eingesogen, und am Ende stehe ich immer noch da und denke: Das habe ich so nicht kommen sehen. Und genau das liebe ich.

Auch die Nebencharaktere sind wieder wunderbar gelungen. Sie tragen die Geschichte mit, machen die Welt lebendig und sorgen dafür, dass sich alles wie ein echtes Gefüge anfühlt – nicht nur wie Kulisse.

Für mich ist „Duel with the Vampire Lord“ ein intensiver, atmosphärischer und berührender dritter Band der Reihe. Weniger laut, aber genauso packend. Ein Buch, das beweist, dass langsames Erzählen nicht langweilig sein muss – sondern tief gehen kann.

4/5 ⭐️ – eine klare Empfehlung für alle, die Vampire lieben, für Slow-Burn-Fans, und für alle, die sich in düstere, magische Geschichten fallen lassen wollen.


House of Zodiac - Sternenstaub von Nicole Böhm

Es gibt diese Bücher, die man aufschlägt, ein paar Seiten liest und sofort merkt: Oh wow… das hier wird etwas Besonderes. Genau dieses Gefühl hatte ich bei House of Zodiac. Ich habe nicht einfach nur gelesen – ich bin regelrecht hineingestürzt. In eine Welt voller Sternenstaub, schimmernder Magie, dunkler Intrigen und Figuren, die sich anfühlen, als würden sie in Echt vor einem stehen.

House of Zodiac - Sternenstaub von Nicole Böhm

Schon die ersten Kapitel haben mich erwischt wie ein Sog. Wir begleiten Jupiter Wilson, die eigentlich fest im Leben steht, kopfgesteuert, logisch, wissenschaftlich. Ein Mädchen, das an Sterne glaubt – aber nur im astronomischen Sinn. Zukunftsdeutung? Astrologie? Magie? Nichts davon passt in ihr Bild der Welt. Und genau deshalb ist es so herrlich, sie dabei zu beobachten, wie all diese Überzeugungen ins Wanken geraten, als sie auf einem Jahrmarkt dieses rätselhafte Amulett zieht.

Ein einziger Moment – und zack – öffnet sich ein Tor nach Zodiac, einer Welt, die so kunstvoll aufgebaut ist, dass ich stellenweise vergessen habe zu blinzeln. Vier Häuser, vier Mächte, vier Sternzeichenrichtungen, die über die Magie bestimmen. Alles durchzogen von politischer Spannung, Machtkämpfen und Geheimnissen, die tiefer reichen als das magische Gefüge selbst.

Und dann ist da Nox.

Der Wächter. Der Schatten. Derjenige, der eigentlich niemals wanken dürfte – aber es tut, sobald Jupiter in sein Leben kracht wie ein unerwarteter Meteor. Die Kapitel aus seiner Sicht sind für mich eines der Highlights des Buches. Diese Mischung aus Stärke, Loyalität, innerem Konflikt und unausgesprochener Verletzlichkeit … das knistert zwischen den Zeilen. Langsam, unterschwellig, aber unüberhörbar.

Die Dynamik zwischen Jupiter und Nox ist slow burn in seiner schönsten Form:

nicht übertrieben, nicht kitschig, nie zu viel – gerade so, dass man bei jeder Annäherung die Luft anhält.

Und fast noch spannender: Die Nebenfiguren.

Nicole Böhm schafft es, Charaktere zu erschaffen, die nicht nur Füllmaterial sind, sondern das Gefühl geben, ihre eigenen Geschichten zu tragen. Besonders Eryx hat mich mit seiner Mischung aus Charme, Leichtigkeit und Schmerz sofort begeistert. Er bringt Humor, Herz und Tiefe in Momenten, in denen die Handlung droht, zu düster zu werden.

Das Worldbuilding hat mich komplett überzeugt. Es wirkt, als würde Zodiac wirklich existieren – irgendwo hinter einem Schleier, den man nur im richtigen Moment lüftet. Jede Szene ist durchdacht, jedes Haus hat seine eigenen Traditionen, Machtgefüge und Ängste. Und trotzdem bleibt alles verständlich, ohne mit zu vielen Infos zu erschlagen.

Und ja: Der Cliffhanger hat mich am Ende völlig fassungslos das Buch zuklappen lassen. Dieses „Nein… das können die jetzt nicht machen!“-Gefühl war absolut real.

Ein außergewöhnlich starker Auftakt, der mich von der ersten Seite an begeistert hat. Eine Welt, die ich nicht mehr verlassen wollte. Charaktere, die mich überrascht, berührt und mehrfach zum Lächeln gebracht haben. Spannung, Gefühl, Atmosphäre – alles sitzt.

✨ Highlight-Potential: 5/5 ⭐️ – absolute Empfehlung!

Ich kann Band 2 jetzt schon kaum erwarten.



„Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code“ von Richard Osman

Wieder einmal hat der Donnerstagsmordclub mein Herz erobert!

Die Reihe von Richard Osman begleitet mich nun schon seit dem ersten Band, und ich muss sagen, dass ich den kultigen Ermittlerquartett immer wieder aufs Neue liebe. Besonders freute ich mich natürlich darauf, den fünften Band in meinen Händen zu halten – „Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code“ – und es war wie ein Wiedersehen mit alten Freunden. Wer hätte gedacht, dass ein Trio von Rentnern und einer Rentnerin, die sich in ihrer Freizeit mit ungelösten Mordfällen beschäftigen, mich so begeistern könnte?

In diesem Band sind die Mitglieder des Donnerstagsmordclubs eigentlich mehr mit Alltagsproblemen beschäftigt – Joyce plant eine Hochzeit, Ron kämpft mit familiären Problemen, Ibrahim sorgt sich um seine alte Bekannte, und Elizabeth, die erfahrene Ex-Geheimagentin, verarbeitet ihre Trauer. Und dann passiert das, was immer passiert: Der Club wird in einen neuen Fall verwickelt. Ein Trauzeuge wird in Schwierigkeiten verwickelt, ein Bösewicht ist hinter einem unlösbaren Code her, und natürlich mischt sich der Donnerstagsmordclub in alle Ermittlungen ein. Es geht um Leben und Tod, Rätsel und Geheimnisse – und der Club gibt alles, um dem Bösen das Handwerk zu legen.

Besonders gefallen hat mir der Einstieg, der mit der Hochzeit von Joyces Tochter beginnt. Es fühlt sich an wie ein gemütlicher Besuch bei alten Bekannten. Dieser persönliche Rahmen gibt dem Buch eine schöne, intime Atmosphäre, die das Gefühl vermittelt, dass wir nicht nur die Ermittlungen verfolgen, sondern auch einen Blick in das Leben der Figuren werfen. Erst nach und nach wird der Fall entfaltet, und dann kommt das, was ich an der Reihe so liebe: Eine Mischung aus cleveren Rätseln, humorvollen Dialogen und den Charakteren, die einem schnell ans Herz wachsen.

Die Figuren tragen den Roman – das muss einfach gesagt werden. Joyce, die Naivität mit einem messerscharfen Scharfsinn verbindet, ist nach wie vor das Herz der Gruppe. Elizabeth, die in diesem Band verletzlicher wirkt, was in ihrer Trauer begründet ist, bringt eine neue Dimension in die Erzählung. Ich mochte, dass wir mehr von Ron erfahren, vor allem in Bezug auf seine familiären Sorgen, was ihm sehr viel mehr Tiefe gibt. Ibrahim bleibt der ruhige Pol der Gruppe, der alles mit einer analytischen Herangehensweise betrachtet, was auch immer sehr angenehm zu lesen ist. Außerdem fand ich es schön, dass jüngere Figuren mehr eingebaut wurden – sie bringen eine erfrischende Dynamik in die Ermittlungen.

Trotz all der positiven Aspekte gibt es ein paar Punkte, die für mich nicht ganz rund waren. Der Krimiplot rund um den Code wird durch viele Nebenstränge und persönliche Konflikte in den Hintergrund gedrängt, was an sich nicht schlecht ist, aber es schwächt die Spannung. Gerade im Mittelteil hatte ich das Gefühl, dass mehr auf die zwischenmenschlichen Beziehungen eingegangen wurde als auf den eigentlichen Fall, was für einige vielleicht charmant ist, für andere jedoch die Spannung aus dem Thriller genommen hat. Die Auflösung ist zwar stimmig, aber ich hätte mir hier vielleicht noch einen etwas stärkeren Überraschungsmoment gewünscht.

Trotz dieser kleinen Kritikpunkte habe ich das Buch sehr genossen. Die Mischung aus Humor, der leisen Melancholie der Charaktere, der Freundschaft und dem nicht zu blutigen Fall funktioniert immer noch wunderbar. Es war ein warmherziges und charmantes Wiedersehen mit dem Donnerstagsmordclub, und ich freue mich auf jedes neue Abenteuer mit dieser wunderbaren Truppe.

Fans der Reihe werden sich auch in diesem Band sehr wohlfühlen, aber Neueinsteiger sollten wirklich mit dem ersten Band beginnen, um die vielen Beziehungen und Anspielungen besser nachvollziehen zu können.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen. Ein solides, warmherziges und klug geschriebenes Buch, das mir wieder viel Freude bereitet hat.


‚War Hour‘ von Lauren Loscig

Es gibt Bücher, die schieben sich einfach so in den eigenen Lesealltag hinein – still, neugierig machend, mit einem Hauch von „lies mich“. Genau so ging es mir mit War Hour, dem Auftakt zu einer neuen Court-Romantasy. Wobei ich gestehen muss: Bevor ich angefangen habe, musste ich erstmal googeln, was „Court Romantasy“ überhaupt genau bedeutet. Hofstrukturen, Machtspiele, Intrigen, Magie und ein Funken Romantik? Klingt gut – also rein da.

‚War Hour‘ von Lauren Loscig 


Und dann stand ich plötzlich mitten in Aloria.

In einer Welt, in der Magie nicht aus Blutlinien entsteht, sondern aus Prüfungen. Aus tödlichen Prüfungen. Aus Trials, die mehr Leben auslöschen als retten. Wer sie überlebt, erhält Kräfte – doch die meisten überleben sie nicht einmal bis zur Hälfte. Allein dieser Gedanke hat mich beim Lesen schon unruhig gemacht.

Lysta lernen wir als Straßenkind kennen, mit scharfem Verstand, einer Portion Trotz und dem tiefen Wunsch, einfach nur am Leben zu bleiben. Kein Mädchen, das davon träumt, Heldin zu sein. Kein Auserwähltheits-Glitzer. Und genau deshalb mochte ich sie anfangs so sehr. Sie wirkt greifbar, verletzlich, pragmatisch – jemand, der schon viel zu früh viel zu viel verstanden hat.

Doch genau sie wird in das Trialing gezwungen, hineingestoßen in etwas, das sie nie wollte und das sie zu einer Waffe macht. Zu einer Waffe, die ihr Herrscher scheinbar nur aus einem Grund braucht: um Macht zu gewinnen. Macht über andere Höfe, Macht über ganz Aloria.

Und dann taucht er auf.

Ein Spion. Ein Mann, dessen Blick mehr Fragen stellt als beantwortet. Einer, der ihr einen Ausweg bietet. Oder eine Falle. Vielleicht beides. Ich mochte die Dynamik zwischen den beiden – unausgesprochen, misstrauisch, mit einem leisen Funken, der aber in Band 1 bewusst klein gehalten wird. Wer hier eine große Lovestory erwartet, wird warten müssen. Für mich war das jedoch erfrischend, denn es hat Raum gelassen, um die Welt selbst wirken zu lassen.

Oder besser gesagt: um das wirken zu lassen, was wir von der Welt sehen.

Denn genau da liegt mein größter Kritikpunkt.

Mit fortschreitender Handlung verliert die Geschichte an Zugkraft. Die politischen Verstrickungen und die Arenakämpfe – die War Hours – nehmen immer mehr Raum ein, ohne dass die Welt selbst gleichzeitig greifbarer wird. Ich hatte oft das Gefühl, als würde ich im Nebel herumtappen. Es fehlten mir Details, Antworten, Hintergründe: Woher stammen die Trials? Warum sind sie tödlich? Was treibt die Höfe wirklich an? Und warum bleibt so vieles unausgesprochen?

Lysta bleibt zwar die stärkste Figur, aber viele Nebenfiguren hätten so viel mehr Tiefe verdient. Ich wollte sie mögen, mit ihnen fühlen, ihre Motive verstehen – doch sie rutschten immer wieder ins Austauschbare, zu blass, zu wenig greifbar. Und ja, der große Twist, der die Geschichte eigentlich tragen soll, war für mich schon sehr früh absehbar.

Und trotzdem:

Ich lege das Buch nicht mit Enttäuschung weg.

Es hat etwas.

Ein Potenzial, das man spürt, auch wenn es noch nicht vollständig ausgeschöpft wurde.

Ein Versprechen, das in den Schatten wartet und vielleicht erst im zweiten Band eingelöst wird.

Der Cliffhanger – natürlich kommt einer! – hat mich tatsächlich neugierig gemacht.

Ich werde weiterlesen. Einfach weil ich wissen möchte, ob die Autorin den Raum nutzt, den sie sich selbst geschaffen hat. Ob die Welt klarer wird. Ob die Figuren wachsen. Und ob die Romantasy ihren Platz findet.

Ein solider Auftakt, atmosphärisch und ideenreich, aber noch ausbaufähig.

3 von 5 Sternen – und ja, eine vorsichtige Leseempfehlung für alle, die Dark Courts, Prüfungen und düsteres Potenzial lieben. Band 2 werde ich trotzdem sicher nicht verpassen.