Wenn Märchen zu Monstern werden …
Kennt ihr das, wenn man als Kind fest davon überzeugt ist, dass unter dem Bett etwas lauert?
Etwas, das sich bewegt, wenn das Licht ausgeht?
Ich erinnere mich noch genau an dieses Kribbeln im Nacken, wenn der Schatten im Zimmer ein bisschen zu lang wurde – und die eigene Fantasie plötzlich ganz reale Zähne bekam.
C.G. Drews nimmt genau dieses Gefühl – diese uralte Angst aus Kindertagen – und verwandelt sie in eine Geschichte, die Gänsehaut macht, lange nachdem man das Buch zugeklappt hat.Worum geht’s?
Andrew und Thomas, zwei Schüler der Wickwood Academy, verbindet eine besondere Freundschaft – oder vielleicht etwas, das noch tiefer geht. Andrew ist der Geschichtenerzähler, der Träumer, der in seinen Märchen die Dunkelheit in Worte fasst. Thomas ist der Künstler, der mit seinen Zeichnungen genau diese Dunkelheit zum Leben erweckt.
Doch als das neue Schuljahr beginnt, verändert sich Thomas. Er wirkt verschlossen, fahrig – und erscheint eines Tages mit Blut am Ärmel in der Schule.
Als Andrew ihm eines Nachts folgt, führt der Weg ihn in den verbotenen Wald. Einen Ort, über den man sich Geschichten erzählt, aber den niemand betritt.
Dort trifft Andrew auf das Unmögliche: Die Monster, die sie gemeinsam erschaffen haben, sind real geworden. Und sie töten.
Jetzt müssen Andrew und Thomas sich dem stellen, was sie selbst ins Leben gerufen haben – getrieben von Angst, Schuld und einer Liebe, die zwischen Licht und Schatten existiert.
Doch was, wenn das Schicksal der Monster untrennbar mit dem ihres Schöpfers verbunden ist?
Ich liebe Geschichten, die mit der Grenze zwischen Realität und Fantasie spielen – und ‚Don’t Let The Forest In’ tut das auf meisterhafte Weise.
Man weiß nie so genau, was wirklich passiert und was vielleicht nur in Andrews Kopf existiert. Dieses Schweben zwischen Traum und Albtraum macht das Buch unberechenbar – und genau das hält die Spannung am Leben.
C.G. Drews schafft es, den Wald selbst zu einer Figur zu machen: atmend, flüsternd, bedrohlich. Die Atmosphäre ist dicht, feucht und beklemmend – man spürt den Nebel, riecht die Erde und hört das Knacken der Äste.
Ich hatte beim Lesen ständig das Gefühl, dass etwas hinter mir steht.
Thematisch ist das Buch vielschichtiger, als man auf den ersten Blick erwartet. Es geht nicht nur um Monster im Wald – sondern um die Monster in uns selbst. Um Angst, Verlust, Freundschaft, Liebe und Akzeptanz. Besonders gelungen fand ich, wie behutsam Drews Themen wie Essstörungen und Asexualität einwebt, ohne sie zu überzeichnen. Sie gehören einfach dazu – leise, echt, spürbar.
Aber:
Mit dem Schreibstil hatte ich anfangs zu kämpfen. Er ist wunderschön, beinahe poetisch, aber manchmal auch etwas zu ausufernd. Es gibt Passagen, die sich fast im eigenen Stil verlieren – Worte, die mehr Atmosphäre schaffen sollen, als sie tatsächlich tragen.
Ich glaube, deshalb hat mich die Geschichte emotional nicht ganz so tief getroffen, wie sie es vielleicht hätte können.
Auch die Erzählperspektive war für mich gewöhnungsbedürftig. Ich hatte oft das Gefühl, als würde ich Andrew durch eine Scheibe beobachten, statt wirklich in seiner Haut zu stecken.
Dafür hat mich das Ende komplett abgeholt. Es ist düster, traurig und zugleich wunderschön – kein einfaches Happy End, sondern ein Schluss, der hängen bleibt. Einer, der sich anfühlt wie das letzte Flackern einer Taschenlampe, kurz bevor es wieder ganz dunkel wird.
‚Don’t Let The Forest In’ ist kein einfacher Jugendthriller – es ist ein atmosphärischer Horrorroman mit Herz und Tiefe. Eine Geschichte über Fantasie, Angst, Freundschaft und die dunklen Seiten unserer Vorstellungskraft.
Perfekt für alle, die es mögen, wenn Geschichten Gänsehaut machen, ohne auf billige Schockmomente zu setzen.
Nicht perfekt, aber definitiv besonders.
Ein Buch, das sich anfühlt wie ein düsteres Märchen, das man nicht so schnell vergisst.
⭐️ 3 von 5 Sternen
Und ein klarer Tipp für dunkle Herbstnächte – mit Kerzenlicht, Kuscheldecke und dem sicheren Wissen: Das unter dem Bett? Das ist bestimmt nur der Wind. 🌲👀
