Wenn ein ganz normaler Business-Trip zur psychologischen Achterbahnfahrt wird …
In der Book Bubble sieht man ‚Das rote Zimmer‘ von Mila Botscharow aktuell überall – und ehrlich gesagt, bei all den begeisterten Stimmen konnte ich einfach nicht widerstehen. Also habe ich mir das Buch geschnappt, mich mit einer Tasse Tee aufs Sofa gekuschelt und wollte nur mal „kurz reinlesen“ … tja, aus „kurz“ wurde dann gleich ein halber Tag, weil ich es kaum aus der Hand legen konnte.
Vielleicht lag es auch daran, dass mich die Grundstimmung sofort gepackt hat. Ich bin selbst jahrelang regelmäßig mit dem Zug nach Berlin gependelt und konnte mich sofort in die Atmosphäre hineinfühlen: das monotone Rattern, die vorbeiziehende Landschaft, dieses Gefühl von Routine und Ruhe. Nur – Mila Botscharow macht aus genau dieser Routine einen Albtraum.Die Geschichte beginnt an einem kalten Wintermorgen. Anne Stern, erfolgreiche Geschäftsfrau, steigt am Kölner Hauptbahnhof in den Zug nach Hamburg. Alles wie immer – ein routinierter Geschäftstrip, den sie schon dutzende Male gemacht hat. Doch diesmal läuft etwas anders. Nur wenige Minuten lässt sie ihren Laptop unbeaufsichtigt, und als sie zurückkommt, ist darauf plötzlich eine Nachricht, die alles verändert. Eine Nachricht, die ein gnadenloses Katz-und-Maus-Spiel eröffnet, das ihr Leben komplett aus den Fugen geraten lässt.
Was mich richtig beeindruckt hat: Für einen Debütroman ist das Buch erstaunlich souverän geschrieben. Mila Botscharow versteht es, Spannung zu erzeugen und konstant aufrechtzuerhalten. Ich liebe Bücher, die mich dazu bringen, ständig neue Theorien zu entwickeln – und hier war das gleich dreimal der Fall. Jedes Mal dachte ich: „Jetzt weiß ich, wer dahintersteckt!“ Und jedes Mal lag ich falsch.
Die Atmosphäre ist dicht, beinahe beklemmend. Diese enge Zugumgebung, die Hilflosigkeit, die Unsicherheit – all das überträgt sich beim Lesen unmittelbar. Man fühlt sich, als säße man mit Anne im Abteil, gefangen zwischen Angst, Zweifel und Verzweiflung. Zwischendurch habe ich mich mehr als einmal gefragt: Was würde ich tun, wenn mir das passieren würde?
Besonders stark fand ich, dass die Autorin es schafft, Annes innere Zerrissenheit so greifbar darzustellen. Ihre Angst, ihre Wut, ihre Ratlosigkeit – das alles wirkt unglaublich realistisch. Und obwohl die Handlung an manchen Stellen kleine Wiederholungen enthält, passen sie perfekt zur bedrückenden Locked-In-Stimmung.
Die Auflösung ist schlüssig und sauber vorbereitet – nichts wirkt aus dem Hut gezaubert. Stück für Stück setzt sich das Puzzle zusammen, und am Ende ergibt alles Sinn.
‚Das rote Zimmer‘ ist kein klassischer Thriller mit Dauer-Action, sondern ein intensiver, psychologisch fein gesponnener Roman, der durch Atmosphäre und Nervenkitzel überzeugt. Kein Buch, das man einfach so wegliest – es fordert einen, lässt einen miträtseln und gleichzeitig mitfühlen.
Für ein Debüt wirklich stark! Es gibt kleinere Längen, ja, aber sie stören nicht – im Gegenteil, sie geben der Geschichte Raum, sich zu entfalten.
Ich bin sicher: Von Mila Botscharow werden wir noch einiges hören.
⭐️ 4 von 5 Sternen – spannend, atmosphärisch und voller überraschender Wendungen.
💬 Und jetzt seid ihr dran: Habt ihr Das rote Zimmer schon gelesen oder steht es auf eurer Wunschliste? Wie steht ihr zu diesen beklemmenden „Locked-In“-Thrillern – liebt ihr sie oder meidet ihr sie lieber?
