Wie viel Dunkelheit darf in einer Liebesgeschichte stecken, bevor sie sich in einen Thriller verwandelt? Braucht ihr bei solchen Geschichten mehr Herz oder mehr Nervenkitzel – oder lebt sie genau vom perfekten Mix?
Es gibt Autoren, bei denen man irgendwann weiß: Egal, was sie schreiben, man macht nichts falsch. Für mich ist Rebekah Stoke genau so eine geworden. Ihre Bücher haben diesen ganz eigenen Sog, der dich in eine Geschichte hineinzieht, bevor du überhaupt merkst, wie tief du schon drinsteckst. Als ich Polly in den Händen hielt, waren meine Erwartungen entsprechend hoch – und sie wurden nicht enttäuscht.
Ihr Name ist Polly. Mehr verrät die junge Frau nicht, als David O’Brian sie an einer Tankstelle mitten im Nirgendwo trifft. Keine Vergangenheit, kein Ziel – nur ein Rucksack, den sie nie aus den Augen lässt. Etwas an ihr zieht David an, stärker, als er verstehen kann. Als sie Monate später in Oakdale, Louisiana, auftaucht, wo David in einer Autowerkstatt für seinen Traum schuftet, ist klar: Er muss wissen, wer sie wirklich ist. Doch seine Freunde und selbst seine Mutter sind skeptisch. Sie warnen ihn, halten Abstand. Und dann sind da noch die Nachrichten über einen Serienkiller, der in den Sümpfen sein Unwesen treibt. Junge Frauen verschwinden. Leichen tauchen auf. Die Medien sprechen nur noch vom „Monster“.
Und dann verschwindet Polly. Zurück bleiben Fragen, Misstrauen und ein gebrochenes Herz. Alle halten sie für tot – alle, außer David. Jahre später macht er sich auf eine letzte Reise, entschlossen, Antworten zu finden. Ohne zu ahnen, dass ihn diese Suche direkt in eine Gefahr führt, die er nicht einmal erahnen kann.
Polly ist alles, was ich an Rebekah Stoke liebe: eine Geschichte, die dich erst mit einer zarten, bittersüßen Liebesgeschichte in Sicherheit wiegt und dir dann langsam den Boden unter den Füßen wegzieht. Schon früh merkt man, dass unter der Oberfläche etwas brodelt, und das liegt nicht nur an dem Serienkiller in den Sümpfen. Es ist dieses leise Unbehagen, diese Frage nach der Wahrheit – und nach dem, was Menschen bereit sind, zu tun, wenn sie lieben oder Angst haben.
Besonders Polly als Figur hat mich tief berührt. Sie ist verletzlich und stark zugleich, jemand, der dich instinktiv beschützen lässt. Man spürt, dass sie etwas Grauenvolles hinter sich hat, und genau das macht sie so menschlich und nah. David und Polly zusammen sind nicht nur eine Liebesgeschichte, sie sind auch eine Tragödie, ein Rätsel, das man unbedingt lösen will.
Was Rebekah Stoke hier schafft, ist clever: Sie setzt falsche Fährten, lässt dich glauben, du hättest den Kern der Geschichte verstanden – und dann zieht sie den Vorhang beiseite und zeigt dir eine völlig andere Wahrheit. Dieses Spiel mit Erwartungen, gepaart mit ihrer Fähigkeit, tiefe Emotionen und düstere Spannung zu verweben, macht Polly zu einem echten Pageturner.
Für mich ist das ein Thriller, der viel mehr ist als nur Nervenkitzel. Es ist eine Geschichte über Vertrauen, Verlust und die Frage, wie weit man gehen würde, um jemanden zu retten. Von mir bekommt Polly 4,5/5 🖤 – und eine dicke Empfehlung für alle, die atmosphärische Spannung und unerwartete Twists lieben.
Habt ihr schon mal ein Buch gelesen, das euch erst mit einer sanften Liebesgeschichte eingelullt und dann mit einem Twist komplett aus den Schuhen gehauen hat? Polly war für mich genau so ein Erlebnis – und ich bin gespannt: Wäre das auch was für euch?