Ein Buch, eine Reihe, ein Titel, den ich auf Bookstagram inzwischen unzählige Male gesehen habe. Und ihr kennt mich – bei so viel Hype werde ich neugierig. Also habe ich endlich zum Auftakt dieser skandinavischen Krimireihe gegriffen. Und was soll ich sagen? Spannung, Atmosphäre und ein Hauptcharakter, den man gleichzeitig bewundert und am liebsten ohrfeigen würde.
Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt – Der Mann, der kein Mörder war - Ein Fall für Sebastian Bergman – Band 1
Der Fall
In einem Waldstück nahe Västerås wird die grausam zugerichtete Leiche eines Jungen gefunden – das Herz entfernt, der Körper verstümmelt. Schnell wird klar: Die örtliche Polizei ist mit diesem Fall überfordert. Also reist Kommissar Torkel Höglund mit seiner Einheit von der Reichsmordkommission an. Was als Routineeinsatz beginnt, wird bald zu einem komplexen Puzzle aus menschlichen Abgründen und tragischen Schicksalen.
Und dann kommt er ins Spiel: Sebastian Bergman.
Kriminalpsychologe. Genie. Narzisst. Trauernder Vater.
Bergman ist das, was man gemeinhin als „schwierigen Charakter“ bezeichnet – brillant in seinem Fach, aber menschlich eine Katastrophe. Selbstmitleidig, manipulativ, sexbesessen, egozentrisch – und doch ist da diese tiefe Traurigkeit, die ihn umgibt. Ein Mann, der mehr Schatten als Licht in sich trägt. Und genau das macht ihn so faszinierend.
Was mir besonders gut gefallen hat:
Die Geschichte ist klug konstruiert, ruhig erzählt – und dabei durchgängig spannend. Die Ermittlungen fühlen sich realistisch an, ohne ins Klischeehafte abzudriften. Besonders gelungen fand ich die Rolle von Billy, dem IT-Spezialisten des Teams, der mit moderner Technik maßgeblich zur Aufklärung beiträgt. Seine Arbeit – zum Beispiel das Erstellen eines Bewegungsprofils anhand von Überwachungskameras – ist spannend, nachvollziehbar und wird nie zu techniklastig erklärt.
Auch das Team um Torkel Höglund hat mir gefallen – jeder bringt seine eigene Geschichte, seine eigenen Wunden mit, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Die Dynamik im Team stimmt, man spürt, dass hier viel Potenzial für kommende Bände liegt.
Was mir weniger gefallen hat:
So sehr ich komplexe Figuren liebe – Sebastian Bergman war stellenweise einfach zu viel des Guten. Seine arrogante, selbstmitleidige Art hat mir das Lesen stellenweise wirklich schwer gemacht. Seine Genialität steht außer Frage, aber es wirkt fast so, als solle sein toxisches Verhalten durch seine Intelligenz entschuldigt werden. Das hätte nicht sein müssen. Ich hätte mir gewünscht, dass seine klugen Analysen auch von jemandem kommen, der nicht regelmäßig über die Grenzen des Anstands trampelt.
Fazit:
Ein starker Reihenauftakt mit dunkler Atmosphäre, psychologischer Tiefe und einem Mordfall, der unter die Haut geht. Auch wenn ich mit Bergman als Figur noch hadere, hat mich die Story überzeugt – und neugierig gemacht auf das, was noch kommt.
4 von 5 Sternen ⭐️⭐️⭐️⭐️ – Band 2 liegt schon bereit, und ich bin gespannt, wohin mich diese Reise noch führt!