📚 „Teufelsgabe“ von Anders Roslund 📚
Ein packender Skandi-Noir-Krimi mit Tiefgang und düsteren Abgründen
Skandinavische Krimis haben für mich immer etwas Eigenes – oft düster, atmosphärisch und mit einer besonderen Schwere, die sich in jeder Seite widerspiegelt. Doch eines muss ich gestehen: Die Namen sind manchmal eine Herausforderung! Auch in „Teufelsgabe“, dem vierten Band der Ewert Grens-Reihe von Anders Roslund, musste ich ab und zu beim Lesen innehalten, um die schwedischen Namen zu „verarbeiten“. Trotzdem hat mich dieser Kriminalroman sofort in seinen Bann gezogen – und das aus gutem Grund.
https://www.ullstein.de/werke/teufelsgabe/paperback/9783864932595
Die Ausgangslage ist spannend und intensiv, doch was diesen Krimi besonders macht, ist nicht nur die Jagd nach einem Serienmörder, sondern die vielschichtige und komplexe Persönlichkeit des Protagonisten. Ewert Grens ist nicht der typische strahlende Held – er ist gebrochen, zweifelnd und menschlich. Dies verleiht der Geschichte eine besondere Tiefe, die über das reine Krimigeschehen hinausgeht. Man fiebert nicht nur mit ihm mit, ob er den Fall lösen kann, sondern auch, ob er es schafft, seine eigenen Dämonen zu besiegen.
Der Schreibstil von Anders Roslund ist flüssig und atmosphärisch dicht. Er versteht es, düstere Stimmungen zu erzeugen und den Leser mitten in das kalte, graue Schweden zu entführen. Die Beschreibungen der Umgebung und der Szenerien sind so lebendig, dass man fast das Gefühl hat, selbst durch die nebligen Straßen Stockholms zu streifen.
Doch so sehr ich die Charakterzeichnung und die Grundstimmung des Buches geliebt habe, gab es auch ein paar Punkte, die für mich nicht ganz stimmig waren. Ewert Grens, der zunächst als zentraler Ermittler eingeführt wird, rückt im Verlauf der Geschichte zunehmend in den Hintergrund. Stattdessen übernimmt sein Kollege Hoffmann immer mehr die Hauptrolle, was ich persönlich etwas schade fand. Zwar ist auch Hoffmann ein spannender Charakter, doch die Balance zwischen den beiden Ermittlern hat für mich nicht ganz gepasst. Ewert, der so tiefgründig und interessant ist, hätte meiner Meinung nach mehr Raum verdient.
Die Thematik des Buches – Kindesmissbrauch und die Abgründe der menschlichen Psyche – ist intensiv und wird von Roslund sensibel und doch direkt behandelt. Es gelingt ihm, das Thema ernsthaft und ohne unnötige Dramatik darzustellen, was das Buch zu einer ergreifenden Lektüre macht. Allerdings gab es in der Handlung auch einige Längen, besonders in der Mitte des Buches. Hier hätte ich mir stellenweise mehr Dynamik gewünscht. Gegen Ende nahm die Spannung jedoch wieder deutlich zu, auch wenn es mir fast schon zu actionreich wurde. Der finale Twist war überraschend und hat dem Krimi eine zusätzliche Wendung gegeben, die ich so nicht erwartet hätte.
„Teufelsgabe“ ist ein klassischer Skandi-Noir, der mit seiner düsteren Atmosphäre und den tiefgründigen Charakteren überzeugt. Auch wenn die Handlung stellenweise etwas aus der Balance gerät und ich mir in manchen Momenten mehr Fokus auf Ewert Grens gewünscht hätte, bietet der Krimi spannende Unterhaltung und thematisiert auf eindrucksvolle Weise die Abgründe der menschlichen Seele. Für mich persönlich war es kein absolutes Highlight, aber dennoch ein lohnenswerter Krimi, der vor allem durch seine ernste Thematik und den unvorhersehbaren Twist punktet. 3,5 von 5 Sternen für einen soliden, aber nicht perfekten Krimi.
Habt ihr schon Bücher von Anders Roslund gelesen? Was haltet ihr von skandinavischen Krimis?